Erste Entscheidungen beim Bonner Klavierwettbewerb

Zwölf Teilnehmer in nächsten Runde - Publikum entscheidet

Erste Entscheidungen beim Bonner Klavierwettbewerb
Foto: Horst Müller

Bonn. Quer durchs alte "Alte Testament", wie es Hans von Bülow nannte, durch Bachs "Wohltemperiertes Klavier" also, arbeiteten sich die Aspiranten der Beethoven-Competition in der ersten Runde, um polyphones Spiel zu demonstrieren.

Ein "Contrapunctus" aus der "Kunst der Fuge" und zweimal das dreistimmige Ricercar aus dem "Musikalischen Opfer" bildeten die Ausnahmen. Im letzten Block der Vorrunde reihte sich der amerikanische Pianist Carlos Avila mit Bachs Fuge aus der "Chromatischen Fantasie" in die Gruppe der Abweichler ein. Sein Spiel bestach hier durch wunderbare tänzerische Leichtigkeit, Eleganz und blieb wunderbar durchsichtig.

Aufhorchen ließ auch seine Lesart der c-Moll-Variationen von Beethoven. Nach dem sehr schlüssig, nämlich als motivisch-harmonisches Konzentrat dargebotenen Thema verwandelte er die Variationen zu ideenreich gestalteten Charakterstudien. Mit überraschenden dynamischen Kontrasten, Akzentuierungen und Tempowandlungen schuf er eine gleichsam schillernde Atmosphäre. Dem Mut zum Risiko folgte allerdings das ein wenig tragische Scheitern, als er im Kopfsatz op. 111 vor der Durchführung komplett den Faden verlor.

Mit David Meier stellte sich der zweite Teilnehmer aus Deutschland dem Jury-Urteil. Ihm gelangen die sechs Bagatellen op. 126 ausgesprochen feinsinnig, manchmal allerdings wirkte sein Spiel beinah zierlich und behutsam. Abgeklärt und mit großer innerer Ruhe geriet ihm die gis-Moll-Fuge aus Bachs WTK I.

In der Sonate op.111 wechselten Licht und Schatten ab, mal ließ die Entschiedenheit aufhorchen, mit der er das grimmige Laufwerk herausmeißelte, dann wieder fehlte die Kraft. Perfekt gerundet und gesanglich gab er das Arietta-Thema, die dritte Variation verlor durch übergroße Rasanz viel von ihrer Wirkung, während der Schluss wiederum absolut überzeugend gelang. Peter Ovtscharov aus Russland bot markantes, rundes und souveränes Spiel und überzeugte mit eminenter Gestaltungskraft.

Überragend, wie er in Beethovens Fantasie H-Dur zwischen innigem Spiel und löwenhaftem Zugriff wechselte. Grandios auch die E-Dur-Sonate op. 109. Auf gleichermaßen hohem Niveau bewegte sich die Japanerin Keiko Hattori. Vollendet geschmeidige Linien formte sie in der Es-Dur-Fuge aus WTK II, die H-Dur-Fantasie geriet ihr enorm bildhaft, mit einer fabelhaften Eindringlichkeit und Entschiedenheit.

Hier wie in der E-Dur-Sonate faszinierte Hattori mit der Kunst, Zusammenhänge zu verdeutlichen, Spuren zu legen und Nebenstimmen zu beleben. Ihr mitreißendes und intelligentes Spiel gefiel offenbar auch der Jury, die sie in die zweite Runde schickte. Neben Hattori erreichten noch Hujing Han (China), Dmitri Demiashkin, Katja Huhn, Elena Melnikova, Peter Ovtscharov (alle Russische Föderation), Alexej Gorlatch, Denys Masliuk (beide Ukraine), Eldon Hang-Kay Ng (Kanada), Yung Wook Yoo (Südkorea), Amir Tebenikhin (Kasachstan) sowie David Meier (Deutschland) die nächste Runde.

Die findet wiederum im Großen Saal der Telekom-Zentrale statt (Samstag, 8., und Sonntag, 9. Dezember, jeweils von 10 bis 13 und 17 bis 20 Uhr). Allen, die nicht weiterkamen, spendete Jury-Vorsitzender Pavel Gililov Trost: "Sie verdienen unsere Hochachtung." Das Publikum quittierte das mit starkem Beifall. Und kein Wettbewerb ohne ein wenig Statistik. Spitzenreiter der vorgegebenen drei letzten Beethovenschen Sonaten wurde die Sonate c-Moll op. 111, die vierzehn Mal gespielt wurde, gefolgt von der Sonate op. 109 mit elf Auftritten.

Aus der Auswahlliste anderer Werke Beethovens setzten sich die c-Moll-Variationen mit neun Darbietungen durch, gefolgt von den F-Dur-Variationen (sechs Mal). Aus den zwölf Teilnehmern der nächsten Runde - am Samstag und Sonntag in der Telekom-Zentrale - kann das Publikum seinen Favoriten wählen. Der bestreitet dann auf Einladung des Beethoven-Hauses am 14. Dezember ein Konzert im Kammermusiksaal.

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