Endenicher Schumannfest Eröffnung mit zwei bemerkenswerten Konzerten

Endenich · Gegen den Élysée-Vertrag, dessen Unterzeichnung vor fünfzig Jahren die deutsch-französische Freundschaft auf staatlicher Ebene besiegelte, hätte der Komponist Claude Debussy gewiss einiges einzuwenden gehabt. Er schätzte seine Nachbarn nicht besonders und hat seine Musik immer erklärtermaßen als Gegenentwurf zur deutschen Romantik verstanden.

 Schumannfest 2013: Eröffnungskonzert mit Marina Chiche und Florent Boffard.

Schumannfest 2013: Eröffnungskonzert mit Marina Chiche und Florent Boffard.

Foto: Barbara Frommann

Beim Schumannfest, das sich in diesem Jahr wegen des Jubiläums Frankreich zuwendet, begann das Programm des Eröffnungskonzertes am Mittwoch im Schumannhaus just mit der Sonate für Violine und Klavier in g-Moll, die der Komponist mitten im Ersten Weltkrieg schrieb. Debussy bringt hier aber kein musikalisches Geschütz in Stellung, sondern begegnet der Musik der "Boches" mit herrlich poetischen Klängen.

Zu Gehör gebracht wurden sie von der wunderbaren Geigerin Marina Chiche und dem großartigen Pianisten Florent Boffard. Die Eleganz und der poetische Zauber, die Debussys Sonate prägen, brachte das Duo in schönstem dialogischen Musizieren zum Ausdruck.

Noch stärker gelang ihnen das in Olivier Messiaens "Thème et variations", die eine ungeheure Sogkraft entwickelten, deren Intensität deutlich in Richtung des später komponierten "Quatuor pour la fin du Temps" wies. Mit Maurice Ravels "Tzigane" überließ der Pianist Florent Boffard zunächst das Feld allein der Geigerin, die den rhapsodischen Duktus der langen Violineinleitung mit ihrer eigenen musikalischen Fantasie und Persönlichkeit prägte.

Dass sie die paganinihaften virtuosen Tricks, die Ravel hier seinen Interpreten zumutet, perfekt beherrscht, machte das Zuhörern zu einem echten Vergnügen. In der zweiten Konzerthälfte spielte das Duo dann César Francks Violinsonate in A-Dur, die eine Reflexion über eine thematische "Idee fixe" darstellt. Marina Chiche und Florent Boffard spielten mit viel Wärme, Musikalität. Nach begeistertem Applaus kündigte Marina Chiche eine Bearbeitung von Schumanns "Widmung" an. Eine Hommage an den Genius loci in einem ansonsten rein französischen Programm, das an Farbigkeit und Abwechslung nichts vermissen ließ.

Ein Streichquartett der besonderen Art war im Rahmen des Schumannfestes mit dem Tenhagen Quartett im Schumannhaus zu hören. Die junge Formation, die derzeit nicht nur zu den aufstrebenden Sternen am Quartetthimmel zählt, besteht ausschließlich aus Geschwistern.

Man trat an mit Ludwig van Beethovens f-Moll Quartett op. 95, Maurice Ravels op. 95 und Schumanns erstem Quartett op. 41. Bei Ravel leisteten die Tenhagens formidable Arbeit, beschworen die große Linie ebenso, wie sie en Detail arbeiteten, und warfen sich mit vollem Risiko und überbordendem Schwung ins Finale.

Zu Beginn des Konzertes hatte man bei Beethovens op. 95 durchaus noch ein wenig mit den Tücken der gnadenlosen Wohnzimmerakustik des Schumannhauses zu kämpfen. In den ersten beiden Sätzen wirkte der Klang zuweilen fragil, erst im dritten Satz, einem lebhaften Allegro, schien man die klangliche Balance gefunden zu haben.

Bei Schumanns Quartett bewies man indes viel Weitsicht, ließ die langen Melodiebögen schön ausschwingen und hatte die fast schon sinfonischen Dimensionen bestens im Griff. Das Scherzo überzeugte ebenso wie die reflektierende Zurückhaltung im Adagio.

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