Erinnerung an "damals"

Neue Musik von Johannes Fritsch im Theater im Endenicher Ballsaal

Bonn. Bereits in den 70er Jahren, kurz nach der deutschen Erstaufführung, kam der Komponist Johannes Fritsch zum ersten Mal mit dem Stück "damals" von Samuel Beckett in Berührung.

Als Musiker wirkte er an dessen Inszenierung am Düsseldorfer Theater mit. Wenig später folgte die zweite "Begegnung" bei der documenta in Kassel und schließlich die Idee, eine Musik zum Text des irischen Schriftstellers zu schreiben.

Die Komposition entstand 1992 und war jetzt im Theater im Ballsaal zu hören. Mit dem Konzert der Reihe "Erlebnis Neue Musik" feierte das Endenicher Kulturhaus die "runden Geburtstage" beider Künstler: den 100. von Samuel Beckett (1906 bis 1989) und den 65. von Johannes Fritsch, der sich nach einer kurzen Einführung in sein Werk unter die Zuschauer begab.

Beckett, der als einer der Hauptvertreter des absurden Theaters gilt, hat sein Stück mit konkreten Regieanweisungen versehen. Wie von dem Schriftsteller vorgesehen, erklang der Text - er beschreibt Lebenserinnerungen eines Sterbenden - vom Tonband. Eingesprochen hat ihn der Schauspieler Mathias Max Herrmann, der an diesem Abend "nur" zu sehen war.

Live hingegen erklang das Orgelspiel, was dem Musiker und Leiter des Ensembles "Tra I Tempi" ("Zwischen den Zeiten"), Michael Veltmann, höchste Konzentration abverlangte. Denn die Musik hat keinen eigenen Rhythmus, sondern folgt in Tempo und Gestaltung - Silbe für Silbe - dem im Studio vorproduzierten Text.

Dabei hat Fritsch den Buchstaben bestimmte Töne und Höhen zugeordnet, wiederkehrende Textpassagen finden ihre Entsprechung in den gleichen Tonfolgen. Doch zuweilen durchbricht der Komponist das Schema. "Sonst wäre es ja langweilig", erklärt der Professor für Komposition an der Staatlichen Hochschule für Musik Köln.

So werden einige Silben und Worte nicht in Musik übersetzt, so dass Leerstellen entstehen. Andere Töne indes klingen sehr viel länger nach als die Textvorlage es erwarten lässt. Das Publikum erlebte eine spannende Begegnung zwischen Neuer Musik und absurdem Theater - eine sensible Inszenierung jenseits der üblichen Seh- und Hörgewohnheiten.

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