Martin Sonneborn in der Bonner Oper Er ist ein Obama

Bonn · Parteichef und Satiriker Martin Sonneborn lässt in der Bonner Oper die vergangenen zwölf Jahre Revue passieren. Nicht immer überzeugend.

 Irrsinn offenlegen: Martin Sonneborn in der Oper. FOTO: KÖLSCH

Irrsinn offenlegen: Martin Sonneborn in der Oper. FOTO: KÖLSCH

Foto: Thomas Kölsch

In erster Linie ist Martin Sonneborns Auftritt eine Retrospektive. Ein Rückblick auf mal mehr und mal weniger gelungene Guerilla-Aktionen gegen Wahlwerbung aller möglichen Parteien und auf eigene provokante Aktionen.

Im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“ lässt der ehemalige Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“ und jetzige Vorsitzende und Europa-Abgeordnete seiner parodistischen Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative („die Partei“) die vergangenen zwölf Jahre Revue passieren – und hat dabei seltsamerweise abgesehen von diversen Plakaten nicht allzu viel zu bieten. Erst recht keine Inhalte; aber um die geht es im Wahlkampf ja ohnehin nicht mehr. Sondern nur noch um die lautesten und populistischsten Versprechen, ob die nun gehalten werden können oder nicht. Genau hier setzt Sonneborn an. Und zeigt, dass er und seine Parteikollegen wirklich jeden Politstrategen noch mühelos unterbieten können.

Vor allem die Maßnahmen gegen die NPD sorgen in der Oper für Begeisterung: Deren inakzeptable Werbung mit dem damaligen Parteichef Udo Voigt auf einem Motorrad und dem Slogan „Gas geben“, die unter anderem vor dem Jüdischen Museum hing, überklebte Sonneborn mit Abbildungen, die das Auto des 2008 tödlich verunglückten österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider zeigte. „Wir sind der Meinung, dass wir die Einzigen sind, die geschmacklose Plakate haben sollten“, kommentiert Sonneborn die Aktion. Eine Idee, die durch ständige Wiederholungen an Schlagkraft verliert und inzwischen droht zu einer Verherrlichung von Inhaltslosigkeit und Provokation zu verkommen. So hat sich Sonneborn selbst mit schwarz gefärbtem Gesicht und dem Ausspruch „Ick bin ein Obama“ ablichten lassen – doch zugleich verzichtet er darauf, das Thema durch weitere absurde Pointen anzureichern oder seine Beweggründe für dieses vor allem in den USA als rassistisch angesehene Blackfacing zu vermitteln und so die Satire mit einem kritischen Diskurs zu unterfüttern. Das ist schlichtweg zu wenig.

Abgesehen von der Plakatflut und einigen Hintergründen über seine Tätigkeit im EU-Parlament hat Sonneborn relativ wenig mit in die Provinz von „Dings“ gebracht, wie er Bonn gerne bezeichnet. Gut, er berichtet von einem Fackelmarsch durch das Brandenburger Tor, der Übernahme der FDP-Wahlparty bei der Bundestagswahl 2013 und seinen Zielen in Brüssel („Ich will den Irrsinn und die Skurrilität der EU offenlegen, dicke alte Männer ärgern und politische Standpunkte mit Witzen versehen“). Aber genügt das, zumal vor allem die beschworenen Positionen nahezu unauffindbar sind? Offenbar ja. „Es reicht, wenn wir das lustig finden“, sagt Sonneborn und verspricht für 2017 einen „sehr schmutzigen Wahlkampf“.

Hoffentlich mit mehr als nur kreativem Plakatieren. Was dank Serdar Somuncu sogar Realität werden könnte: Der Kabarettist und selbst ernannte Hassias ist seit Kurzem Kanzlerkandidat der „Partei“. Und mit Sicherheit nicht damit zufrieden, nur sein Gesicht zu zeigen.

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