Ensemble der Kun-Oper aus Schanghai in der Kölner Oper

An vier aufeinander folgenden Abenden gastieren die Künstler mit dem zehnstündigen Werk "Palast der ewigen Jugend" in der Domstadt.

 Keine halben Sachen: Szene aus dem "Palast ewiger Jugend" in der Kölner Oper.

Keine halben Sachen: Szene aus dem "Palast ewiger Jugend" in der Kölner Oper.

Foto: Kun-Oper Schanghai

Köln. Wie wenige Liebende sind sich seit Anbeginn der Zeit wirklich treu geblieben?" Die rhetorische Frage des Erzählers zu Beginn der Kun-Oper "Palast der ewigen Jugend" verlangt nicht wirklich nach einer Antwort, und dennoch will der Dramatiker Hong Sheng (1645-1704) sie nicht schuldig bleiben: Wenigstens der Tang-Kaiser Li Longji und seine Konkubine Yang Yuhuan haben das Unmögliche geschafft.

Trotz Kriegen und Intrigen sind sie bis über den Tod hinaus einander in Liebe zugetan und finden am Ende im Mondpalast wieder zusammen.

Das dauert in der Kölner Oper allerdings zehn Stunden, verteilt auf vier Akte an vier aufeinander folgenden Abenden. Mit seinem Gastspiel in der Domstadt macht das Ensemble der Schanghaier Kun-Oper keine halben Sachen: Zum ersten Mal sieht ein europäisches Publikum den "Palast ewiger Jugend" in voller Länge - eine angemessene Antwort auf den "Ring des Nibelungen", mit dem die Oper Köln 2010 zu Gast im Schanghai Grand Theatre war.

Wie nötig ein solcher Kulturaustausch zum Verständnis der altehrwürdigen chinesischen Bühnenkunstform ist, wird schon bei der Aufführung der ersten Teile sinnfällig: In der Kun-Oper, seit 2001 Unesco-Weltkulturerbe, wird eine Geschichte erzählt, gesungen, gespielt und getanzt. Das ist aber auch schon alles, was sie mit der Oper westlichen Zuschnitts verbindet.

Im "Palast ewiger Jugend" agieren die Darsteller nach einem fest vorgegebenen Kanon von Gesangs- und Bewegungsformeln. Die als Gesamtkunstwerk konzipierte Mischung aus Dichtung und Malerei, Gesang, Tanz, Kampf- und Schauspielkunst lässt Regisseur Cao Qujing wenig Spielraum für ein eigenes Konzept: Tradition ist alles.

Prachtvoll kostümierte Menschen, Geister und Fabelwesen erzählen die Liebesgeschichte zwischen Kaiser Li und seiner Lady Yang so, wie ihr festgelegtes Rollenmuster es von ihnen verlangt. Jedes Gedicht, jede Arie wird mit den entsprechenden Posen, Schritten und Handbewegungen kombiniert, je nach Part majestätisch, graziös, kriegerisch, tollpatschig oder clownesk.

Wie Vögelchen lässt Wei Chunrong als Lady Yang ihre Hände flattern, wedelt nach einem komplizierten Ritual mit ihren langen weiten Ärmeln, neigt anmutig den Kopf und lächelt, lächelt, lächelt. Sie und die anderen Damen des Hofes gehen nicht einfach, ihre unter langen Gewändern unsichtbaren Füße trippeln so schnell, dass die Schönen über den Boden zu gleiten und zu schweben scheinen.

Gesprochen wird in einer künstlich hoch gehaltenen Kopfstimme - auch der Kaiser benutzt als junger Mann ausschließlich das Falsett - mit stark übertriebener Intonation, die für westliche Ohren bisweilen komisch klingt. Ärgerlich, dass 90 Prozent der poetischen Texte von Hong Sheng verloren gehen, weil die Übersetzung nicht lesbar ist: Wer nicht ganz vorn sitzt, kann die kleinen, viel zu schwach eingeblendeten Übertitel kaum entziffern.

Der flache und nasale Gesang ist für europäische Ohren ungewohnt, aber gut auszuhalten: Komponist Gu Zhaolin und Arrangeur Li Liang haben auf der Basis der traditionellen Kun-Musik einen farbenprächtigen Klangteppich unterlegt. Im Orchester ist alles vertreten, was im traditionellen chinesischen Instrumentarium Rang und Namen hat: Bambusflöten, Zither-artige Zupfinstrumente, Streicher wie die Röhrenspießgeige und eine groß besetzte Percussion-Gruppe mit Gongs, Xylophonen und chinesischen Glockenspielen.

Teil 3 ("Die Meuterei in Mawei") und Teil 4 ("Wiedersehen der Liebenden") am Montag und Dienstag im Kölner Opernhaus. Karten in den Zweigstellen des General-Anzeigers und bei bonnticket.de

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