Fünf Auftritte in der Lanxess-Arena Emotionales Konzert von Phil Collins in Köln

Köln · Der britische Popstar und frühere Drummer und Frontmann bei Genesis lockt in dieser Woche rund 75.000 Besucher zu fünf Konzerten in die Kölner Lanxess-Arena. Der Auftakt gerät sehr emotional.

 Phil Collins in Köln mit dem Handy fotografiert. Bei seinen Kölner Auftritten sind keine Pressefotografen zugelassen.

Phil Collins in Köln mit dem Handy fotografiert. Bei seinen Kölner Auftritten sind keine Pressefotografen zugelassen.

Foto: Thomas Brill

Woran denkt Nicholas „Nic“ Collins, 16 Jahre alt, Sonntagabend in Köln? Im Wissen, dass er sich gleich ans Schlagzeug setzen wird? Und 15 000 Menschen seinen Vater, Phil Collins, mit einem Jubel begrüßen, den die Lanxess-Arena so noch nicht erlebt hat. Vor 13 Jahren, im RheinEnergieStadion, hat Collins senior noch selbst zu den Drumsticks gegriffen. Jetzt, mit 66 Jahren, kann der Brite das nicht mehr. Gesundheitlich steht es mit ihm nicht zum Besten: Rücken und Hüfte sind angegriffen, der rechte Fuß ist taub, die Nerven in den Fingern wollen nicht mehr.

Eine Zeit lang hatte ihn der Alkohol im Griff. Dann hat er sich wieder gefangen. Eigentlich wollte er nicht mehr auftreten. „Ich weiß, ich habe gesagt, ich werde in den Ruhestand gehen“, sagt er Sonntagabend in Köln auf Deutsch, „aber um ehrlich zu sein: ich habe euch vermisst.“ Im Publikum kullern erste Tränen.

„Not yet dead“ (Noch nicht tot) hat Collins seine 2016 erschienene Autobiografie überschrieben, und so heißt auch seine aktuelle Tour. Deren Auftakt in London von einem Unfall überschattet wurde. Der Sänger stürzte im Hotel über einen Stuhl, zwei Konzerte wurden abgesagt. Aber in Köln – beim ersten von insgesamt fünf Konzerten bis zum Freitag – ist er da. Mit Gehstock, langsamen Bewegungen, stark gealtert. Überm linken Auge trägt er ein Pflaster, den (mit Pause) dreistündigen Auftritt absolviert er fast komplett im Sitzen. Dass er keine Pressefotografen dabeihaben will, kann man verstehen. Der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellende Begrüßungsapplaus gilt diesem Sich-nicht-unterkriegen-Lassen. Dem Galgenhumor, den der einstige Genesis-Drummer und erfolgreiche Solokünstler dabei an den Tag legt.

Und einem Familientreffen mit Happyend. Nicht nur für Vater und Sohn (mit dessen Mutter Collins inzwischen wieder zusammen ist), sondern auch für all die glücklichen Menschen im bestuhlten Innenraum und auf den Rängen. Alle fünf Konzerte zusammengerechnet werden es am Ende 75 000 sein.

"Es sind einfach nur großartige Musiker am Werk"

Umringt von lauter Grau- und Weißbärtigen – darunter Collins’ langjährige Mitstreiter Leland Sklar (Bass) und Daryl Stuermer (Gitarre), mit Bläsern und vier Backgroundsängern stehen 14 Akteure auf der Bühne – macht Nicholas Collins einen guten Job. Auch beim Duett mit Percussionist Luis Conte und beim Paradestück „In The Air Tonight“. Der einzige, der hierbei hinterherhängt, ist der Drumcomputer. Die charakteristischen Pattern laufen auch nach Schluss noch kurz weiter.

In zwei Sets erlebt Köln ein Konzert, dem es an nichts mangelt. Weder an den großen Solo-Hits („Another Day In Paradise“ und „You Can´t Hurry Love“, um nur zwei zu nennen), noch an cineastischen Exkursen („Aginst All Odds“ und „Separate Lives“ oder Reminiszenzen an die Zeit mit Genesis („Follow You, Follow Me“, „Invisible Touch“).

All das kommt ohne Showeffekte aus. Es sind einfach nur großartige Musiker am Werk. In deren Mittelpunkt einer sitzt, der mit seiner Stimme all das wettmacht, was sein kranker Körper ihm versagt. Bei „You Know What I Mean“ begleitet der Sohn den Vater am Piano. Um ihn danach in den Arm zu nehmen und ihn auf den Kopf zu küssen. Früher, so denkt man sich, hat der Ältere das beim Jüngeren getan. Zum Heulen schön.

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