Eine mörderische Schwester aus Dollendorf

Krimiautorin Judith Merchant ist beim Kärtner Krimipreis erfolgreich - Am Rhein findet sie Inspirationen

Königswinter-Niederdollendorf. Sie ist eine von den "Mörderischen Schwestern". Und sagt klipp und klar: "Mord muss immer sein." So blutrünstig ist Judith Merchant gottlob nur auf Papier.

Die Niederdollendorferin schreibt nämlich Kurzkrimis. Einige sind bereits veröffentlicht worden. Aber jetzt hat sie eine Geschichte Schwarz auf Weiß in der Hand, auf die sie richtig stolz sein kann. Die 32-Jährige beteiligte sich am Wettbewerb um den Kärtner Krimipreis 2008.

Rund 500 Einsendungen gingen dazu ein. 20 davon wurden für den Endausscheid ausgewählt. "Dabei wurde ich auch nominiert", strahlt Judith Merchant. Zwar ging sie bei der Vergabe der drei ausgelobten Preise leer aus; die fünfköpfige Jury, die eine Bewertung der anonymisierten Texte vornahm, entschied sich für andere Autoren.

Aber: Die Story der jungen Frau ist Bestandteil der Anthologie mit den Arbeiten, die es in die Endrunde schafften. "Money - Geschichten zum schönen Schein" heißt der Schmöker, der im Verlag Johannes Heyn erschien.

"Den Teilnehmern war ein Thema vorgegeben: Geld", berichtet Judith Merchant. Sie überlegte, hatte dann eine Idee, ließ sie reifen. Und einige Wochen später setzte sie sich hin und schrieb. "Ich wollte eine Person zeigen, die kein Geld hat, keinen Job." Und wer die Geschichte auf zwölf Seiten mit dem Titel "Monopoly" liest, wird sich über die Wendung der Ereignisse wundern.

Da ist Else, die in der Ich-Form erzählt, wie sie ihren Geburtstag feiert. Wie sie einen Mann kennenlernt, etwas zu viel Alkohol trinkt, sich an die vergangenen Stunden nicht mehr richtig erinnern kann und plötzlich drei grüne Scheine in ihrer Tasche findet.

Wollte dieser Typ sie etwa entlohnen? So eine Person ist doch Else nicht. Die Rache folgt sofort, das Wasabi-Messer, mit dem Else eigentlich Sushi schneidet, kommt zum Einsatz, Blut fließt. Der Mann ist tot. Und dann? Selbst lesen!

Hat Judith Merchant bereits wieder die Klinge für den nächsten Mord geschärft? "Nein, jetzt will ich mich erst mal wieder meiner Promotion zuwenden", sagt die Mutter eines zweieinhalbjährigen Sohnes. Sie ist in Bonn geboren, in Sankt Augustin aufgewachsen. In Münster und Bonn hat sie Germanistik studiert. Die westfälische Stadt war aber nur ein Kurzaufenthalt von zwei Semestern.

"Mir fehlte der Rhein, ich hatte Sehnsucht nach dem Fluss." Da war Niederdollendorf genau die richtige Wohnortwahl. Denn: "Ich lebe mit meiner Familie zwischen Siebengebirge und dem Rhein, gehe mit meinem Sohn ans Wasser und zur Fähre. Ebenso wandere ich gern durchs Siebengebirge. Und hier in Niederdollendorf ist es so wie in Kinderbüchern, wo sich neben der Kirche der Bäcker und der Friseur befindet. Das gefällt mir."

Judith Merchant ist als Dozentin für Literatur in der Erwachsenenbildung tätig. Als der Sohn da war, merkte sie: "Kinder sind schlecht für systematisches Denken." Und so arbeitete sie erst mal nicht weiter an ihrer Doktorarbeit über Hysterie bei Goethe und Fontane, sondern verlegte sich auf das Schreiben von Kurzgeschichten. Sie lacht: "Zuerst habe ich einen Groschenroman verfasst. Ich wollte mal sehen. Ob ich es kann."

Aus Herz, Schmerz wurden schon bald Mordsgeschichten. Judith Merchant schloss sich der Vereinigung von deutschsprachigen Krimiautorinnen an, die den blutrünstigen Titel "Mörderische Schwestern" trägt. "Wir treffen uns, unterstützen uns auch beim Recherchieren", berichtet sie.

Deutsche Krimis mag Judith Merchant eigentlich am liebsten, auch die englischen und schottischen findet sie nicht schlecht. Ein bisschen stolz ist sie, dass sie als Neuling in der Anthologie zum Krimipreis mit Profis in einer Reihe steht. "Ich habe gejubelt, als die Nachricht kam, dass ich zu den Nominierten gehöre. Aber ich war mit meinem Text auch sehr zufrieden." Und wer weiß, wenn sie die Promotion über Hysterie bei Goethe und Fontane fertig hat, dann schreibt sie vielleicht auch einen richtig langen Krimi. "Möglicherweise einen hier aus der Gegend."

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