David Fray in der Kölner Philharmonie Ein ganzer Abend mit Johann Sebastian Bach

Köln · Ein Klavierabend in zwei Moll-Tonarten ist zumindest ungewöhnlich. Wer also auf harmonischen Abwechslungsreichtum steht, hätte durchaus mit diesem Abend in der sehr gut besuchten Kölner Philharmonie fremdeln können.

 Pianist David Fray vor seinem Auftritt in der Philharmonie.

Pianist David Fray vor seinem Auftritt in der Philharmonie.

Foto: Thomas Brill

Doch am Ende hatte der französische Pianist David Fray das Gros der Zuhörer eingenommen - für sich und seine Mission in Sachen Johann Sebastian Bach.

Kernstücke seines Programms waren die Partiten Nr. 6 in e-Moll und die Partita Nr. 2 in c-Moll, die Fray eben erst auch bei Virgin auf CD veröffentlicht hat. Gleichsam als Präludien hatte er nun in Köln den beiden Werken jeweils eine der höchst selten im Konzertsaal zu hörenden Toccaten in den analogen Tonarten vorausgeschickt.

Eine Gegenüberstellung, die sehr deutlich die Entwicklung von Bachs musikalischer Sprache zeigt. In den Partiten wirkt sie sehr viel feiner, geschliffener, eloquenter als in den deutlich früher entstandenen Toccaten.

David Fray wurde wegen seiner Vorliebe für Bach und seiner Abneigung gegen gut gepolsterte, höhenverstellbare Klavierhocker - die er für einen simplen Stuhl mit Rückenlehne stehen lässt - , häufig mit dem Pianisten Glenn Gould verglichen. Doch in diesen Äußerlichkeiten erschöpfen sich die Parallelen auch schon. Frays Bach-Spiel klingt weniger trocken, weniger intellektuell. Er spielt die Noten mit mehr Herz, wie man gleich im ersten Satz der e-Moll-Partita, der "Toccata", hören konnte, deren expressive Akkordbrechungen er einem wunderbar lyrischen und gesanglichen Ton gegenüberstellte, den er für den fugierten Abschnitt fand.

In seinen Bach-Interpretationen erzählt Fray regelrecht kleine Geschichten, die Lebendigkeit der Courante steht da in einem spannenden Kontrast zur vorausgegangenen Allemande, die Sarabande Air hingegen gerät neben der Toccata dann zu einem zweiten, tief gründelnden Gravitationszentrum dieser Partita.

Wie feinnervig Fray die rhythmische Phrasierung in Bachs Klavierwerken gelingt, zeigte er unter anderem im Andante-Abschnitt der Sinfonia, den er in schönster Leichtigkeit fließen ließ und dabei die 32stel der rechten Hand über den ruhigen Achteln der linken immer auch ein wenig zum Swingen brachte. Nach dem temperamentvollen Schluss-Capriccio begann sich Fray in dem heftig geforderten Zugabenteil langsam von Bach zu lösen.

Erst mit dem Bach'schen Choralvorspiel "Nun kommt der Heiden Heiland" in der Bearbeitung Ferruccio Busonis. Auch hier überzeugte er durch sein expressives Spiel, in der Melodiebildung ebenso wie in den mit schönem Legato gespielten Bass-Oktaven. Danach noch Schumann: Dessen "Von fremden Ländern und Menschen" wirkte in Frays überraschend nüchterner Phrasierung ein bisschen unterkühlt.

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