Ein etwas anderer Heimatabend im Lampenlager

In Beuel erzählt das dokumentarische Theaterstück "HEIMAT (N)IRGENDWO" ganz persönliche Geschichten von Asylanten.

Beuel. Jeder Fremde, der sich fremd fühlt, ist ein Fremder (...), bis er sich nicht mehr fremd fühlt, dann ist er kein Fremder mehr." Glaubt man Karl Valentin, sollte Integration ganz einfach sein.

Aber was ist das Gegenteil von fremd? Wie nennt man einen Ort, der nicht "Heimat" heißt? Fragen wie diese beschäftigten Regisseurin Marita Ragonese. Gemeinsam mit einer Mitarbeiterin der Stabsstelle Integration der Bundesstadt Bonn und einigen Dolmetschern ging sie dorthin, wo Fremde Alltag ist und sprach mit den Bewohnern von Asylantenheimen.

Sie lernte Menschen kennen, die hier aufgewachsen oder nach Deutschland geflohen sind und noch immer kein Heimatgefühl entwickelt haben. Aber auch Menschen, die sich beruflich täglich mit solchen Problemen auseinandersetzen.

Auf Grundlage dieser Interviews entstand ein etwas anderer "Heimatabend", bei dem sechs dieser Menschen selbst auf der Bühne stehen. In "HEIMAT (N)IRGENDWO" erzählen sie ihre ganz persönlichen Geschichten. Teils wehmütige, teils lustige Anekdoten mischen sich mit dunklen Erinnerungen an Terrorismus und Unterdrückung. Die illegale Einwanderung durch Wälder und Flüsse wird als Weg ins Ungewisse beschrieben, der statt in die ersehnte Freiheit erst mal hinter Gitter führt.

Trotz vieler ernster Töne ist der Abend kein Betroffenheitstheater, sondern erzählt in bunten Farben von Menschen, die hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Existenzfragen werden von Handpuppen direkt ans Publikum gerichtet, russische Sätze vermischen sich mit schwäbischen, und an einer Glaswand entsteht nach und nach eine Landkarte aus Fingerfarben.

So gelingt nicht allein ein Einblick in das Leben der Darsteller, sondern ein wenig auch in das der rund 15 Millionen Einwanderer Deutschlands. Ein großes Thema also, das in unserem Alltag oft allzu fern zu sein scheint. Ganz nah kommt es spätestens, als die Abiturientin aus dem Kaukasus von ihrem Wunschstudium erzählt, das an deutscher Bürokratie zu scheitern droht.

So wird nach vielen individuellen Schicksalen auch Kritik an Einwanderungspolitik und dem Umgang mit Immigranten geübt. Obwohl die Darsteller der Wunsch nach dem Dazugehören zur neuen Heimat verbindet, werden sie das Fremdfühlen nicht los und müssen im "Duldungsstatus" verharren.

"HEIMAT (N)IRGENDWO" könnte man als vorbildliche Integrationsarbeit bezeichnen. Tatsächlich ist es vielmehr der Versuch, zu beschreiben, was mit Worten kaum beschrieben werden kann. "Fremd ist der Fremde nur in der Fremde", meint Karl Valentin. So manchen könnte dieser Satz nachdenklich gemacht haben.

Die nächsten Aufführungen: 16. und 17. Juni. Karten: unter anderem in den Zweigstellen des General-Anzeigers und im Internet unter bonnticket.de

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