Rock in der Beethovenhalle Ein Date mit vielen Gitarren

Bonn · Joe Bonamassa spielt zwei Abende in der Bonner Beethovenhalle und verbeugt sich vor den Helden des Blues. Eines der Highlights des Konzertes: Die 17-Minuten-Version von „The Ballad of John Henry“.

 König der sechs Saiten: Joe Bonamassa auf der Bühne der Beethovenhalle.

König der sechs Saiten: Joe Bonamassa auf der Bühne der Beethovenhalle.

Foto: MLH

Am Ende seines mehr als zweistündigen Konzertes ist der rostrote Anzug durchgeschwitzt. Auch wenn er sich kurz vor 20 Uhr bei dunkler Bühne mit Johnny Cashs „Ring of Fire“ aus dem Off ankündigen lässt, mit Country hatte das Konzert natürlich gar nichts zu tun. Auch nicht mit Retrorock. Das kurze Intro von Jethro Tulls „Locomotive Breath“, das er unter dem weißen Lichtkegel auf einer himmelblauen Fender Strat anschlägt, dient nur als Übergang zu „This Train“ aus seinem Album „Blues of Desperation“, das am 25. März erscheinen wird.

Doch eines machte Joe Bonamassa gleich von Anfang an klar: Der Mann hat ein Date – mit seinen Gitarren. Und er ist ein Liebhaber für gewisse Stunden. Ständig wechselt er seine Gitarren, um doch immer wieder zu seiner Nummer eins zurückzukehren, um mit ihr ein gewagtes Tänzchen auf den Brettern zu wagen: eine 1959er Gibson Les Paul.

Den ersten Teil des Konzertes bestreitet der 38-Jährige, der einst als Wunderkind von gerade mal zwölf Jahren mit B.B. King auf der Bühne stand, mit Titeln aus dem noch unveröffentlichten Album. Vier Stücke gibt es daraus zu hören, unter anderem den Titeltrack, eine Art indisch durchsetzter Blues, in den Sitar-Stimmungen ebenso eingeflochten werden wie rockige Powerriffs, die sicher einem Peter Frampton gefallen hätten.

Sind es die brandneuen Songs oder der zunächst nicht gerade glänzende Sound in der Beethovenhalle? Bonamassa wirkt etwas gehetzt, die Soli sind sicher virtuos, aber für einen seiner Klasse nicht gerade aufregend. Das ändert sich dann aber schlagartig, so dass auch die Scheinwerferkonstruktionen über der Bühne wie sechs staunende blaue Augenpaare auf den Saitenvirtuosen hinabblicken.

„No Good Place For The Lonely“ ist eine gute Überleitung zum Hauptprogramm, eine Verbeugung vor den großen Helden des Blues: Freddie King, B.B. King, Muddy Waters werden ausgiebig gefeiert, und auch Jimi Hendrix durfte nicht fehlen. Bei Freddie Kings „See See Baby” kommt erstmals die Spielfreude auf, die man von Bonamassa kennt. Der Funke springt auch auf seine erstklassige Band über: Keyboarder Reese Wynans war schon ein versierter Begleiter von Stevie Ray Vaughan, Buddy Guy und Kenny Wayne Shepard. Und dann sind da noch Lee Thorburg (Trompete) und Paulie Cerra (Saxophon), der ideenreiche Bassist Michael Rhodes und Drummer Anton Fig. Sein donnerndes Drumgewitter auf „Angel of Mercy“ unterstreicht Bonamassas Interpretation des Albert-King-Klassikers als Metal-Cover. Eines der Highlights: die 17-Minuten-Version von „The Ballad of John Henry“.

Aber der König in der Arena ist ohne Frage Joe Bonamassa, der auch noch über einen leidenschaftlich guten Gesang verfügt. „Sloe Gin“ bekommt man so schnell nicht aus dem Ohr. Seine Fingerfertigkeit und Fantasievielfalt sind imponierend: Ob sauberes Fingerpicking, reine Gitarrenläufe, schwere, effektvolle Rockakkorde oder stroboskopartige Soundblitze – das Geheimnis dieses Mannes ist wohl, dass er die Klaviatur der Dramatik beherrscht wie derzeit nur wenige. Er weiß genau, wie er die Sounds einsetzt, weiß genau, wie lange ein Solo sein darf, ohne in Beliebigkeit abzufallen. Kein Wunder: Die 1700 Fans in der am Sonntagabend ausverkauften Beethovenhalle jubelten dem Meister am Ende stehend zu. Gestern gab er ein zweites Konzert mit demselben Programm.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Worte für alle
lit.Cologne: Die Welt der Literatur in Köln Worte für alle