"Du bist so himmlisch dämlich", eine hinreißende Hommage

Tucholsky-Abend mit Liederschlag in der Endenicher Stadtteilbibliothek

Bonn. Meist haben Künstler, die bei ihren Auftritten dem Publikum zunächst die Frage "Bist du wirklich so dumm?" stellen und ihm vorwerfen, unmündig in der Mittelmäßigkeit zu versinken, eine eher geringe Halbwertszeit.

Die Kölner Gruppe "Liederschlag" machte in der Endenicher Stadtteilbibliothek dennoch genau diesen Anfang und erntete dafür sogar noch Applaus. Das Musik-Kabarett-Trio konnte nämlich bei allem, was es darbot auf einen überaus bekannten Ghost Writer verweisen: Kurt Tucholsky.

In ihrem Programm "Du bist so himmlisch dämlich" präsentierten sie - mal vertont, mal vorgetragen - Gedichte des 1935 an den Folgen eines Selbstmordversuches gestorbenen Autors, dessen Scharfsinnigkeit im Aufspüren gesellschaftlicher und persönlicher Missstände noch heute beeindruckt.

Die musikalische Einfassung aus der Feder von Gerhard Lewandowski vollzog die textlichen Inhalte oft auf originelle Weise nach: Die Erwartungshaltung an einen Säugling in "Wenn eena jeborn wird" kann wirklich fast nur noch mit einem "Hänschen Klein" in Moll kommentiert werden.

Ein Glanzlicht setzte Karin Titz mit der überzeugenden Darstellung einer Sekretärin aus der Gefühlsverwaltung des "Peter Panter", einem der zahlreichen Pseudonyme, unter denen Tucholsky schrieb.

Der dritte im Bunde, Max Erben, passte auch sein Äußeres den jeweiligen Umständen an. Die Darbietung verfehlte ihre Wirkung nicht, womit gezeigt werden konnte, dass das Publikum wohl doch nicht so dumm war, wie eingangs vermutet wurde.

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