Konzert in der Philharmonie Dirigent Daniel Harding und Pianist Rafal Blechacz sind ideale Partner

Bonn · Wenn der polnische Pianist Rafal Blechacz mit schlenkernden Armen auf die Bühne der Kölner Philharmonie schlakst, sieht er so gar nicht aus wie ein junges Tastengenie, das im Bewusstsein seiner Ausnahmestellung zur Tat schreitet.

 Daniel Harding dirigiert das Mahler Chamber Orchestra.

Daniel Harding dirigiert das Mahler Chamber Orchestra.

Foto: PA

Blechacz war beim Warschauer Chopin-Wettbewerb 2005 so viel besser als seine Konkurrenten, dass er den ersten Preis und sämtliche Spezialpreise abräumte.

Der bescheidene junge Mann mutiert mit den ersten Takten des Klavierkonzerts von Robert Schumann zum begnadeten Erzähler. Als hätte er sich schon jahrhundertelang mit dieser Musik beschäftigt, spielt er sie so lebhaft, so hell und selbstverständlich, dass man sich nicht vorstellen kann, sie jemals anders gehört zu haben.

Bestimmt, aber nicht übertrieben emphatisch die grandiosen Akkorde der Klavier-Eröffnung, geschmeidig rollend die Sechzehntel-Quintolen unter den auf der G-Saite schmachtenden Geigen, ganz sanft und transparent der Dialog mit der Klarinette im Andante espressivo: Blechacz verwischt nichts, alles klingt transparent, von Gefühl und Verständnis gleichermaßen getragen.

Dass dieses a-Moll-Konzert zu den Sternen fliegt, liegt aber auch an der ungeheuren Dialogfähigkeit von Daniel Harding und dem Mahler Chamber Orchestra (MCO). Vor allem im metrischen Gegenspiel des Finales hören Solist und Orchester genau aufeinander und führen das Konzert zu einem triumphalen Abschluss.

In Schumanns letzter "Rheinischer" Sinfonie muss dann auch das MCO nicht mehr befürchten, den Solisten wegzupusten und kann seine Klangfülle in ihrer ganzen Pracht ausspielen. Die Streicher hatten schon zum Auftakt des Abends die Gelegenheit dazu: Hans Werner Henzes Sonata per archi (1958) produziert mit seinen wechselnden Gruppen-Aufteilungen, den verschiedenen Stricharten und Flageolett-Einsätzen ein Bild mit immer neuen Farben und Impulsen.

Das schafft Harding aber auch mit Schumanns Es-Dur-Sinfonie: Das erste Thema kommt nicht einfach nur schwungvoll daher, sondern mit einem Biss, der nichts mehr mit harmlosem rheinischen Frohsinn zu tun hat. Ein großes Lob an die vier bärenstarken Hörner!

Und wer sich von der sakralen Stimmung des "überzähligen" vierten Satzes ein wenig hat einlullen lassen, um von gotischen Domen und Prozessionen zu träumen, wird spätestens von den Fanfaren des furiosen Finales wieder wach, die unter Harding so unglaublich viel mehr auffordernden Charakter haben als die Version, die die Besucher in den Konzertsaal ruft. Vielleicht sollte das Philharmonie-Management sein Pausenzeichen überarbeiten.

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