Die Magie der Minusgrade

Zauberwelten im Bilderrahmen. Barry L. Goldman inszenierte "Die Schneekönigin" in den Bad Godesberger Kammerspielen.

 Und hinten sitzt die schwarze Vogelschar: (von links): Arne Lenk, Philine Bührer und Sabrina Tannen.

Und hinten sitzt die schwarze Vogelschar: (von links): Arne Lenk, Philine Bührer und Sabrina Tannen.

Foto: Lilian Szokody

Bonn. Die Innenstadt von Bad Godesberg lebt. Zumindest wenn, wie am Sonntag, die City Schauplatz des Antik- und Trödelmarktes ist. Das bringt die Menschen auf die Beine. Neben dem Kleinkommerz kam auch die Kunst in Bad Godesberg zu ihrem Recht.

Barry L. Goldman inszenierte in den Kammerspielen "Die Schneekönigin" nach Hans Christian Andersen: mit fabelhaften Liedern von Michael Barfuß (zum Beispiel vom Schnäbeln), einer zauberhaften Bühne von Gesine Kuhn und tollen Kostümen von Christine Haller.

Ella Rohwers Cellospiel ging unter die Haut. Und das Ensemble um Schneekönigin (Susanne Bredehöft), Gerda (Philine Bührer) und Kay (Arne Lenk) war so inspiriert und gut aufgelegt, dass es am Schluss von den Besuchern des Familienstücks laut und ausdauernd gefeiert wurde. Ein Tipp: Jetzt Tickets buchen.

Auf einen Blick##ULIST##

Das Stück: Eine unsterbliche Liebes- und Leidensgeschichte.

  • Die Inszenierung: Poesie und Dynamik in perfekter Einheit.
  • Die Schauspieler: Garanten für einen Publikumsrenner.

Andersens Märchen erzählt die Geschichte der Nachbarskinder Gerda und Kay. Sie sind füreinander geschaffen, aber Kay erliegt einem bösen Zauber der Schneekönigin, wird überdies verführt durch ihre Schönheit, die aus der Kälte kommt: die Magie der Minusgrade.

Ella Rohwers sinnliches, hoch emotionales Cello spiegelt die Metamorphose, die Kay durchlebt. Der ihm nahestehenden Gerda begegnet der junge Mann nun als gefühlsgefrosteter Rohling. Und er singt ein kleines Lied ("Die Welt besteht nur aus Schutt"), das Liebe, Schönheit und Kunst den Laufpass gibt.

Philine Bührer verkörpert als Gerda eine Frau mit Wille und Vision, eine Mission Impossible ist für sie keine Option. Tröstliche Erkenntnis: Das Gute setzt sich durch. Auf ihrem Rettungsweg zum verschollenen Kay begegnen Gerda fantasievoll kostümierte Lebewesen.

Der Regisseur erschafft Märchenwelten, die Bühnenbildnerin Gesine Kuhn in großen Bilderrahmen entfaltet: vom flowerpower-bunten Universum der Rosa-Violetta (Christine Schönfeld) bis zur fahlen, tiefgefrorenen Pracht des Schneeköniginnen-Reiches. Sie haben alles im Angebot: zarte Empfindung, Tränen und dralle Komik. Raben und Krähen sehen aus wie Leningrad Cowboys im schwarzen Federkleid, die Natur im Rosa-Violetta-Land quietscht und singt wie Alvin und die Chipmunks.

Ralf Drexler erscheint als dienernder Rabe ebenso überzeugend wie als gruftige Räubermama. Nico Link ist als Vierbeiner Bä ein Tier mit ganz viel Liebe, Sabrina Tannen zeigt als patente Räubertochter Hedda viel Potenzial für ein ehrliches Leben. Am Ende waren alle glücklich: die Figuren auf der Bühne, das Publikum im Parkett. Nur die Schneekönigin greinte: "Allein!"

Die nächsten Aufführungen: 12., 20., 21., 28., 29. und 30. November. Karten: unter anderem in den Zweigstellen des General-Anzeigers und bei bonnticket.de

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