Der prominente, französische Soziologe und Forschungsdirektor des Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung an der Sorbonne sucht die Geheimnisse des Zusammenlebens im Alltäglichen. Er hat darüber geforscht, was schmutzige Wäsche über eine Paarbeziehung aussagt, sein nächstes Buch widmet sich dem Inhalt von Frauenhandtaschen.

Im Robert-Schuman-Institut stellte Kaufmann in einer Lesung nun ein Buch abstrakteren Inhalts vor: "Wenn Ich?" versucht, dem Leser zu zeigen, wie der Mensch in jeder Situation und bei jeder Veränderung, seine Identität neu konstruiert. Interdisziplinäre Rückendeckung erhielt er bei der Lesung vom Bonner Psychologieprofessor Rainer Banse als Moderator, Übersetzer und Gesprächspartner (ausgewählte Buchauszüge las Kaufmann selbst auf französisch und Corinna Diekmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts, auf deutsch). Banse bestätigte, dass die Erkenntnisse Kaufmann durchaus aktuelle Diskussionen in der Psychologie unterstützten.

Interessant erschien Kaufmann in der anschließenden Fragerunde mit dem Publikum die aktuelle Integrationsdebatte in Deutschland. Auch hier ließe sich das Prinzip der ständig neu definierten Identität anwenden - die Identität vom Heimatort sei eine große Ressource für einen Menschen, die ihm Selbstwert gebe.

Jean-Claude Kaufmann: Wenn ICH ein anderer ist, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2010. 240 Seiten, 24,90 Euro.