Freilichtmuseum Kommern Die Dorfkneipe: Reif fürs Museum

Kommern · Dunkle Holzvertäfelung, Soleier auf der Theke, eine Dartscheibe an der Wand: Die Gaststätte Watteler könnte eine ganz normale Dorfkneipe sein, irgendwo auf dem Land. Doch nicht selten hängt in solchen Gasthäusern ein "Geschlossen"-Schild im Fenster, die Inhaber geben aus Altersgründen auf, die Vereine feiern woanders, und der Tanzsaal ist nur noch Legende.

 Bei der Wiedereröffnung im Museum steht Gerti Vermaasen noch einmal hinter der Theke der Gaststätte Watteler.

Bei der Wiedereröffnung im Museum steht Gerti Vermaasen noch einmal hinter der Theke der Gaststätte Watteler.

Foto: LVR

Dass bei Watteler der Zapfhahn noch läuft, ist einem spektakulären Umzug zu verdanken: Das Haus aus Eschweiler über Feld wurde samt Inventar aus den 1970er Jahren ins Freilichtmuseum Kommern versetzt und dort Ende Juni wieder eröffnet.

Alles ist authentisch, nur die Skatbrüder und der Dauergast mit Stammplatz an der gepolsterten Thekenecke fehlen. Dafür gibt es Bier und Korn für die Museumsgäste, heiße Wurst mit Brot oder Kartoffelsalat und natürlich "draußen nur Kännchen". Die Speisekarten hat der stellvertretende Museumschef Michael Faber selbst auf der Adler-Schreibmaschine getippt und für die Spielautomaten gibt es 50-Pfennig-Münzen. "Selbst der alte Mief ist mit umgezogen", findet Faber.

In Kommern gibt es Geschichte zum Riechen, Schmecken und Anfassen: Das LVR-Freilichtmuseum will seit seiner Gründung 1958 Alltagsleben vermitteln. Es ging bisher vor allem um dörfliches Handwerk und die ländliche Bevölkerung. Dreschkästen, Schnippelbohnenmaschine und Butterfass sind inzwischen nur noch für Senioren bekannte Gegenstände. Die Kinder der Wirtschaftswunderzeit brauchen andere Erinnerungsstücke.

Deshalb entsteht Stück für Stück die neue Baugruppe "Marktplatz Rheinland", die Zeitgeschichte nach 1945 festhält und so näher an die Gegenwart heranreicht. "Wichtig ist, dass man die Dinge sammelt, bevor sie wieder verloren gehen", sagt Michael Faber. Ohne persönliche Geschichte wären Exponate für die Volkskundler aber wertlos. "Es geht immer um das Erleben des Besitzers und um die Lebensverhältnisse", erklärt Faber.

Und so gibt es im Gasthaus Watteler nicht nur ein Wiedersehen mit Zinnkrügen und Sparkästchen. Die Besucher lernen eine Familie kennen, ihre Freunde, ihre Arbeit, ihren Alltag. "Ich bin ein Mensch, der nicht gut was wegwerfen kann", sagt Gerti Vermaasen, die Witwe von Johannes Watteler. Und so hängt neben einem lebensgroßen Foto das Originalkleid aus den 70ern, das sie damals trug. Die Interview-Ausschnitte, in denen die Wirtin voller Herzenswärme ihren Alltag zwischen Kneipe und Metzgerei beschreibt, sind absolut hörenswert und per Knopfdruck abrufbar.

Ein ganz eigenes Kapitel in der Ausstellung ist dem technischen Kraftakt gewidmet, ein komplettes Haus ins Museum zu schaffen. Es wurde Raum für Raum zerlegt, innen durch hölzerne Stützkonstruktionen versteift, außen verschalt, auf Tieflader gepackt und nach Kommern gebracht. Schwerstes Einzelteil war der WC-Trakt mit einem Gewicht von 120 Tonnen. Braune Blümchenkacheln und grüne Kloschüsseln sind schaurig schön - und nur zum Anschauen. Im Anbau der Gaststätte verlässt man die 70er und findet moderne Toiletten.

Die Gaststätte Watteler kann täglich besichtigt werden. Wer dort auch essen und trinken möchte, sollte vor dem 1. November dienstags, mittwochs, donnerstags sowie an Wochenenden zwischen 12 und 17.30 Uhr einkehren. Eine tolle Aussicht bietet der Biergarten.

Die Öffnungszeiten

Das Freilichtmuseum Kommern, Eickser Straße in Mechernich-Kommern, ist bis zum 31. Oktober täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet, ab 1. November von 10 bis 17 Uhr.

Der Eintritt ist für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren frei, Erwachsene zahlen 6,50 Euro. Die Parkgebühr beträgt 2,50 Euro, unabhängig von der Dauer des Besuchs.

Für das Museumsfest am 17. und 18. August gelten die regulären Öffnungszeiten. Das detaillierte Programm gibt es auf www.kommern.lvr.de.

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