Stück von Sibylle Berg "Die Damen warten" feiert in Beuel Premiere

Bonn · Man mag Sibylle Berg ja so manches vorhalten. Naivität gehört mit Sicherheit nicht dazu. Da vielleicht schon eher eine ausgesuchte Lust am Bösen; so wie sie sich mitunter in den Texten und Stücken der Schweizer Schriftstellerin und Dramatikerin manifestiert.

 Diese vier haben nichts mehr zu verlieren: Szene aus Sibylle Bergs Stück "Die Damen warten".

Diese vier haben nichts mehr zu verlieren: Szene aus Sibylle Bergs Stück "Die Damen warten".

Foto: Thilo Beu

"Die Damen warten" ist so ein Fall - nach "Die goldenen letzten Jahre" und "Lasst euch Überraschen", das inzwischen dritte Auftragswerk für das Theater Bonn, das am Samstag, 15. Dezember, in einer Inszenierung des Generalintendanten Klaus Weise Premiere in der Halle Beuel feiert.

Die Damen warten? Klingt doch zunächst gar nicht übel. Vier Frauen um die 50 gespielt von Tatjana Pasztor und Susanne Bredehöft sowie als Gäste Elisabeth Auer und Cornelia Kempers - , die in einer Wellness-Oase aufeinandertreffen. Umsorgt von Horst (Falilou Seck); Masseur, Fitnesstrainer, Stilberater, Hair- und Make-Up-Artist, Hormonexperte und Therapeut.

Vier Frauen mit ganz unterschiedlichen Biografien, die jedoch eines gemeinsam haben: Sie stehen nicht dort, wo sie stehen sollten oder wo sie stehen könnten, hätten ihnen die Männer oder sie selbst sich nicht immer wieder Steine in den Weg gelegt.

Dieser Weg endet nun - da Jugend, Schönheit und Erfolg für diese Frauen keine Optionen mehr sind - in eben dieser Wellness-Oase, wo es von Anfang an ein wenig seltsam riecht. Und da dies ein Stück von Sibylle Berg ist, sollte der Zuschauer diese Tatsache tunlichst nicht ganz ausblenden.

Ohne natürlich die Damen aus den Augen zu verlieren, die erst einmal das machen, was offenbar zutiefst menschlich ist: Taxieren und wenn nötig zuschlagen. "Anfangs schenken die vier sich nichts, doch das wird sich im Laufe des abends noch ändern", beschreibt Elisabeth Auer die Grundkonstellation; mit einer Anwältin, einer Ehefrau und Mutter und einer Pathologin und einer Angestellten, Mutter eines Sohnes, der ausschließlich vor seinem Computer hockt und seiner Mutter die Lust austreibt, sich auf einen Mann einzulassen der - hatte er erst, was er von ihr wollte - kaum gesprächiger sein dürfte.

Liebe ist eine Illusion: jedenfalls in einem Alter, da die Frauen klug genug sind, das zu wissen und für die Gesellschaft nicht mehr attraktiv genug, um noch gegenteilige Erfahrungen zu machen. So in etwa ließe sich die bitterböse Bilanz in Worte fassen. Ob man sich dem nun mit wissenschaftlicher Neugier nähert wie die Pathologin oder in der scheinbaren Sicherheit, sich für das Richtige entschieden zu haben wie die Mutter zweier erwachsener Söhne.

"Es ist zunächst einmal ein Frauenstück", fasst Dramaturgin Almuth Voß zusammen. Aber auch eins, das Männern den Blick durchs Schlüsselloch gewährt und mit ein paar lustvoll deftigen Stammtischparolen aufwartet. Wo für seine Damen Endstation ist (sie wissen es bloß noch nicht), ist er ganz in seinem Element.

"Mal sympathisch und mal richtig ein mieser Charakter - aber das sind wir vier ja schließlich auch", ergänzt Tatjana Pasztor. Wie könnte es auch anderes sein, wenn sich nicht nur für Cornelia Kempers' Figur die nette Idee von der weiblichen Solidarität als alltagsuntauglich erweist. Sie, die letzten Endes nur wollte, was wird alle wollen. So viel ist sicher. Von Sibylle Berg wird sie es nicht bekommen. Nicht mehr.

Premiere: 15. Dezember 19.30 Uhr. Auch am 19., 21 und 30. 12, weitere Termine im Januar. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen und bei bonnticket.de

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