Beethoven-Haus in Bonn Des Meisters letzter Wille

Melancholisch, dunkel und brütend, unberechenbar, aufbrausend und jähzornig - so glauben die meisten heuer ihren Ludwig van Beethoven zu "kennen". Das war er gewiss, das war er auch.

 Ludwig van Beethoven im Jahr 1823, gemalt von Ferdinand Georg Waldmüller.

Ludwig van Beethoven im Jahr 1823, gemalt von Ferdinand Georg Waldmüller.

Foto: Beethoven-Haus

Aber die Tatsache, dass der Meister vier Schriftstücke hinterlassen hat, die den Charakter eines Testamentes besitzen, ist nicht etwa seinen Stimmungsschwankungen geschuldet, sondern Ausdruck von Besonnenheit und Geschäftssinn, die auf Anhieb so gar nicht zu einem derart cholerischen Image passen. Eines dieser Dokumente, ein Brief, den der Meister am 6. März 1823 an seinen Anwalt und Freund, den Hof- und Gerichtsadvokaten Johann Baptist Bach schrieb, ist nun erstmals seit langem wieder öffentlich zugänglich und steht im Zentrum der Sonderausstellung "Beethovens letzter Wille", die von heute an bis zum 10. Mai 2015 im Beethoven-Haus zu sehen ist.

"Das erste reguläre Testament wurde 1927 zum 100. Todestag Beethovens in Wien gezeigt und war anschließend jahrzehntelang nicht auffindbar, bis ein Gönner unseres Hauses es gekauft und als Leihgabe zur Verfügung gestellt hat", erklärt Michael Ladenburger, der als Kustos die Sammlung des Beethoven-Hauses betreut.

Zu dieser Preziose gesellen sich das weitaus bekanntere "Heiligenstädter Testament" vom Oktober 1802, in dem Beethoven sich an Depressionen und Selbstmordgedanken erinnerte und die Überwindung seiner bislang schwersten Lebenskrise als Triumph überhöhte, sowie zwei weitere Versionen aus dem Jahr 1827, die besondere Aufmerksamkeit verdienen: Universalerbe sollte Beethovens Neffe Karl sein.

Sein Onkel hatte jahrelang mit dessen Mutter um das Sorgerecht gestritten und seine Ansprüche mit einer 47 Seiten umfassenden Denkschrift an das Appellationsgericht zu Wien vom 18. Februar 1820 schließlich durchgesetzt. Auch dieses Schriftstück ist in der Ausstellung zu sehen.

Letztlich überwogen jedoch die Bedenken, ob der Junge die sittliche Reife besitze, mit dem Erbe, das zu 75 Prozent aus Aktien der "Privilegirten oesterreichischen National-Bank" bestand, angemessen umzugehen, weshalb Karl letztlich nur der Nießbrauch der Dividende zugestanden wurde. So vermitteln die vier Testamente einen Einblick in die faszinierende Widersprüchlichkeit eines Menschen, der selbst sehr wohl wusste, dass zwei Seelen in seiner Brust wohnten; mindestens zwei.

Bis 10. Mai, Beethoven-Haus, Bonngasse 24-26. Geöffnet bis zum 31. März jeweils Mo bis Sa von 10 bis 17 Uhr sowie So von 11 bis 17 Uhr; ab 1. April; Mo bis So von 10 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung gibt es ein Begleitheft im Museumsshop.

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