Hendrick Vestmann dirigiert Der Komponist schaut auch in Bonn vorbei

BONN · Mit drei Jahren betrat Hendrik Vestmann zum ersten Mal die Opernbühne. Er spielte im Theater seiner Heimatstadt Tartu in Estland den kleinen Knaben in Puccinis "Madama Butterfly", der am Ende der Oper verlassen und mutterseelenallein zurückbleibt. Eine ziemlich tragische Figur.

 Neuer Chefdirigent der Bonner Oper: Hendrik Vestmann.

Neuer Chefdirigent der Bonner Oper: Hendrik Vestmann.

Foto: Oper Bonn

Doch für Vestmann, dessen Mutter Opernsängerin gewesen ist, war das der Beginn einer großen Leidenschaft. "Von da an war ich mehr im Theater als zu Hause", sagt der 1974 geborene Dirigent, der am Sonntag in Bonn die Premiere von George Benjamins Oper "Written on Skin" dirigieren wird.

"Ich arbeite sehr gern mit den Sängern zusammen", sagt er über seine Opernleidenschaft. "Und ich liebe das komplexe Zusammenspiel von Orchester, Chor und Solisten, Technik, Licht und Ton. Wenn diese Vielfalt zusammenkommt und der Vorhang aufgeht, hat man das Gefühl, etwas geschaffen zu haben. Das finde ich so faszinierend."

Er hatte schon in seiner Heimatstadt bereits einige Erfahrung als Operndirigent gesammelt, als er 2000 nach Deutschland kam, um seine Studien bei Wolf-Dieter Hauschild in Karlsruhe fortzusetzen. Bereits zwei Jahre später wurde er Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung am Theater in Heidelberg. "Da habe ich sehr von dem deutschen Kapellmeister-Prinzip profitiert." Er habe die Opernproduktionen am Klavier von der ersten Gesangsprobe bis zum Schluss begleitet. "Es ist so wichtig, dass man diese Stufen durchläuft. Wenn man das nicht macht, kann man vieles in den Abläufen eigentlich gar nicht verstehen. Auch organisatorisch nicht. Für mich war es nach dem Studium eine sehr wichtige Lehrzeit."

Nach einem zweijährigen Zwischenspiel als Generalmusikdirektor in Tartu, zog es ihn 2006 nach Münster, wo er stellvertretender Generalmusikdirektor wurde. Jetzt ist er Chefdirigent der Bonner Oper, leitete bereits die Wiedereinstudierung der "Traviata". Und jetzt die Premiere von "Written on Skin", die eine echte Herausforderung darstellt. Dirigent der Uraufführung im vergangen Jahr in Aix-en-Provence war der Komponist George Benjamin. Er feierte damit einen Riesenerfolg.

Auch bei den zahlreichen Gastspielen der französischen Produktion in europäischen Musikmetropolen wie Paris, Amsterdam oder Wien war die Reaktion einhellig begeistert. In München gab Kent Nagano mit just diesem Werk seine Abschiedsvorstellung. Wenn "Written on Skin" nun erstmals in einer Neuinszenierung auf die Bühne kommt, ist das natürlich auch für den Komponisten und Dirigenten der Uraufführung George Benjamin von Interesse. Dass er bereits zu den Endproben nach Bonn reisen wird, freut Vestmann natürlich ungemein. "Wir haben uns natürlich schon vorher ausgetauscht, aber ich bin schon sehr gespannt, was er sagen wird", meint Vestmann.

Der Dirigent freut sich darauf, mit "Written on Skin" eine neue Oper zu dirigieren, von der man schon jetzt annehmen kann, dass sie wegen ihres Erfolges im Repertoire der Opernhäuser bleiben wird. Was aber macht das Geheimnis dieses Werkes aus? "Eigentlich ist diese mittelalterliche Geschichte ja grausam. Aber dass der Komponist dazu so unglaublich differenzierte und kontrastreiche Musik geschaffen hat. Sie ist sehr gut für Sänger geschrieben, nichts Verrücktes."

Premiere der Koproduktion mit dem Beethovenfest ist am Sonntag 29. September, 18 Uhr. Mitwirkende: Miriam Clark (Sopran), Terry Wey (Countertenor), Avaz Abdullayev (Bariton) u.a., Beethoven Orchester, Hendrik Vestmann (Dirigent), Alexandra Szemerédy und Magdolna Parditka (Regie). Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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