Ausstellung in Köln Der Himmel über Holland

Köln · Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum zeigt Naturschauspiele in der barocken niederländischen Malerei.

 Simon de Vliegers „Strand bei Scheveningen mit Fischverkäufern“ entstand um 1643 (Öl auf Eichenholz).

Simon de Vliegers „Strand bei Scheveningen mit Fischverkäufern“ entstand um 1643 (Öl auf Eichenholz).

Foto: RBA

Geballte Spannung bieten Hollands flache Landschaften nicht unbedingt. Doch darüber wölbt sich ein hoher Himmel als Bühne spektakulärer Kämpfe zwischen Licht und Finsternis. Diese Dramen beschwört das Wallraf-Richartz-Museum anhand von 20 Beispielen in der Ausstellung „Heiter bis wolkig – Naturschauspiele in der niederländischen Malerei“. Auf Jan Theunisz Blanckerhoffs Gemälde „Bewegte See vor der Küste“ drückt der stürmische Wind das Segelschiff vor schwarzverdunkeltem Horizont in bedrohliche Schräglage. Doch dann herrscht bei Jan van der Cappelle wieder „Windstille“, und silbriges Mondlicht fällt auf das unbewegte Meer.

Idyll und Gefahr spannte auch Aelbert Cuyp um 1645 auf einem Gemäldepaar zusammen, das 1802 auf einer Auktion getrennt wurde. Hier der Dordrechter Hafen im Mondschein, dort das spektakuläre Gewitterbild. Entspricht all dies der Wetter-Realität, oder setzten sich die Maler im 17. Jahrhundert über die tatsächlichen Himmelsphänomene hinweg? Barock-Kuratorin Anja Sevcik weiß zu berichten, dass sich Willem van de Velde in dieser Zeit gern von einem Fährmann über die Themse schippern ließ, um dann haargenau die Wolkenformationen festzuhalten.

Dass die Kollegen in der niederländischen Heimat ähnlich realitätsnah arbeiteten, bestätigt der zum Pressegespräch hinzugebetene Meteorologe Franz Molé vom Deutschen Wetterdienst. Auch als Segler auf dem Ijsselmeer erkennt er etwa das Gewölk über kabbeliger See exakt wieder. Nur ein Gemälde schlägt aus der Art: Cuyps „Gewitter über Dordrecht“. Einerseits stammt es als einziges nicht aus dem reichen Hausbestand, sondern aus der Sammlung Bührle. Zum zweiten moniert Molé, dass der eigentlich richtige Wetterspielfilm mit der vom dösenden Vieh noch gespürten Ruhe vor dem Sturm, mit trotziger Restsonne und heftig zuckenden Blitzen hier in einem widersprüchlichen Moment komprimiert werde.

Dass die grandios aufs Bild gebannte Gewitterwolke „Cumulonimbus capittlatus incus“ heißt, konnte der Maler allerdings damals nicht wissen – die Wolken wurden erst 1803 klassifiziert.

Künstlerische Freiheit ließe sich auch bei Simon de Vliegers Strandszene mit Fischhändlern vermuten, weil die Quellwolken hier verdächtig gut zu den sanft gewellten Dünenhügeln passen. Doch der Wetterkundler erhebt keine Einwände.

Sevcik erläutert, dass der Boom der Landschaftsmalerei zu Konkurrenz und Spezialisierung führte. In vielen Werken, etwa Jan van Goyens „Strand mit Blick auf Scheveningen“ oder dem reizvollen Cinemascope-Panorama von Haarlem (Jan Vermeer van Haarlem I) spiegelt sich Heimatstolz. Dass Felder und Wälder etwa bei Jacob van Ruisdael oder Ludolf Backhuyzen bildwürdig wurden, war eine Errungenschaft dieser Zeit. Der noch im 16. Jahrhundert geborene Marten Rijckaert nutzte die Natur nur als Kulisse für ein mythologisches Motiv: Hier stürzt der vom Sonnenrad gewissermaßen ausgespuckte Ikarus über einer graugrünen Ideallandschaft zu Tode.

Solche Schrecken beschwören die anderen ausgestellten Werke kaum. Denn mag der Himmel oft voller Kontraste sein: Letztlich wirken die Menschen selbst unter dicken Wolken eher geborgen als bedroht.

Bis 4. Februar 2018. Tgl außer Mo 10-18 Uhr, 1. u. 3. Do 10-22Uhr, Pfingstmontag und Fronleichnam 10-18 Uhr.

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