Pantheon in Bonn Der gebürtige Bonner Heinz Ratz tritt mit Flüchtlingen auf

BONN · Heinz Ratz erlebt gerade das, was sich jeder politische Aktivist wünscht: Aufmerksamkeit und Erfolg. Er hat etwas auf die Beine gestellt, dass es zuvor so noch nicht gab und für das er aktuell international Beachtung findet. Der gebürtige Bonner tritt zusammen mit seiner Band "Strom & Wasser" mit musikalischen Talenten aus deutschen Flüchtlingslagern auf - und bietet ihnen so in zweierlei Hinsicht eine Bühne.

 Musikalische Talente aus dem Flüchtlingslager: Die Band "Strom & Wasser".

Musikalische Talente aus dem Flüchtlingslager: Die Band "Strom & Wasser".

Foto: Privat

Ratz, der sich selbst als Schriftsteller, Musiker und Märchenerzähler bezeichnet, war im Frühjahr 2011 auf einer "1000-Brücken-Tour". Die Tour, für die er 7000 Kilometer mit dem Rad zurücklegte, war Teil seines von ihm initiierten "moralischen Triathlons". Zuvor ist der 44-Jährige schon 850 Kilometer für den Artenschutz geschwommen und 1000 Kilometer zu Gunsten von Obdachlosen gelaufen.

An jeder Station machte er auf das Schicksal der Betroffenen aufmerksam, sammelte Spenden und trat mit seiner Band auf. Da ein Triathlon auch aus Radfahren besteht, wählte er das Zweirad, um auf die Situation von Flüchtlingen in Deutschland aufmerksam zu machen. Seine Tour führte ihn in 80 Flüchtlingslager - was er dort sah und erlebte, entsetzte ihn.

In den Lagern gab es Musiker von Weltklasseformat, die durch Reise- und Arbeitsverbote daran gehindert wurden, aufzutreten. "Mir war klar, dass ich den moralischen Triathlon nicht so einfach beenden kann, deshalb habe ich das Folgeprojekt mit den Flüchtlingen ins Leben gerufen und mit 25 von ihnen eine CD in Hamburg aufgenommen", erzählt Heinz Ratz. Was folgt, sind erstklassige Rezensionen und eine große "Lagertour" durch Deutschland.

Pro Konzert treten bis zu zehn Flüchtlinge, unter anderem aus Afrika, dem Iran und Afghanistan, auf und bieten einen Mix aus Reggae, Rap, Dub, Hip-Hop und Balkanbeat. Dass die Flüchtlinge überhaupt auftreten dürfen, ist stets mit einer großen bürokratischen Mühe verbunden. Immer wieder müssen Genehmigungen eingeholt werden, manche Ämter stellen sich quer.

"Je bekannter das Projekt wird, desto schwieriger wird es für mich, in die Lager zu kommen. Da man weiß, dass ich über die Missstände berichte. Allerdings ist es juristisch so, dass mich die Flüchtlinge einladen können, das trauen sich dann aber einige nicht. Wenn Flüchtlinge nicht an ihre Auftrittsgenehmigungen kommen, springe ich - leider sehr oft - ein. Mit der Integrationsmedaille der Bundesregierung und den vielen Journalisten, die sich für das Projekt interessieren, kann man einen gewissen Druck aufbauen", erzählt Ratz.

Ratz ist Tourmanager, kümmert sich um die Locations, koordiniert Spenden und macht auf die Lage der Flüchtlinge aufmerksam. Dabei kann er selbst auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Er ist in seinem Leben bisher 50 Mal umgezogen, lebte in Peru, Saudi-Arabien, Schottland, in der Schweiz und in Argentinien. Sein Vater arbeitete als Arzt - die vielen Umzüge seien charakteristisch für ihn gewesen. Beachtlich ist auch die schulische Karriere von Heinz Ratz.

"Ich bin 16 Mal von der Schule geflogen. Darunter drei Mal in Bonn - vom Internat des Pädagogiums, dem Heinrich-Hertz-Gymnasium und dem Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium", erzählt er. Er habe ein Problem mit Autoritäten gehabt. Außerdem war er 1992 ein Jahr obdachlos. Seit einigen Jahren ist er, vor allem wegen seinen beiden Kinder, in Kiel sesshaft geworden.

Obwohl er mit dem Projekt sehr erfolgreich ist, ist er bescheiden. "Ich bin seit über 20 Jahren politisch aktiv und Realist. Mit dem Projekt bin ich erfolgreich, darüber freue ich mich. Mein Hauptanliegen aber, für die Flüchtlinge ein dauerhaftes Bleiberecht zu erwirken, habe ich nicht erreicht. Die Musiker können auch jetzt noch jederzeit abgeschoben werden."

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