Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 in Bonn „Der Elfenbeinturm ist meine Sache nicht“

Bonn · Christian Lorenz, der Anfang Januar sein Amt als künstlerischer Leiter der Beethoven Jubiläumsgesellschaft in Bonn angetreten hat, ist ein erfahrener Kulturmanager, der auch mit dem Taktstock umzugehen versteht.

 Das Ziel fest im Blick: Christian Lorenz vor dem Jubiläums-Logo BTHVN 2020.

Das Ziel fest im Blick: Christian Lorenz vor dem Jubiläums-Logo BTHVN 2020.

Foto: Barbara Frommann

Es gibt Musiker, es gibt Manager und es gibt Menschen, die beide Talente auf sich vereinen. Zu dieser Gruppe zählt Christian Lorenz. Eine gute Voraussetzung für seinen neuen Job in Bonn.

Seit Anfang Januar steht der Schreibtisch des in Berlin geborenen und in Bensheim an der Bergstraße aufgewachsenen 55-Jährigen in Beethovens Geburtsstadt, wo er als künstlerischer Leiter der Beethoven Jubiläumsgesellschaft mbH die Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten zum 250. Geburtstag des Komponisten im Jahre 2020 wesentlich mitgestalten soll. „Ich komme mit dem Wunsch und der Überzeugung, dass wir gemeinsam etwas auf die Beine stellen, woran wir uns alle später im Rückblick als etwas Begeisterndes erinnern. Es soll ja etwas Nachhaltiges geschaffen werden“, sagt Lorenz im Gespräch mit dem General-Anzeiger.

Bis zu einem gewissen Punkt liest sich die Biografie des ausgebildeten Dirigenten wie die vieler seiner Kollegen. Mit dem künftigen Bonner Generalmusikdirektor, Dirk Kaftan, teilt er sich sogar eine frühe Karrierestation: Beide waren – ohne sich dort je begegnet zu sein – Korrepetitoren mit Dirigierverpflichtung am Theater in Trier. Doch während Kaftan von dieser „Einstiegsstelle“ aus seine Dirigentenlaufbahn auf den Weg brachte, reizten Lorenz schon während seiner anderthalb Trierer Jahre auch die Vorgänge jenseits der Bühne. „Mich haben von Anfang an die Abläufe des Theaters interessiert, die ich irgendwann auch aus dem Management heraus selbst gestalten wollte.“ In dem damals neuen Aufbaustudiengang Kulturmanagement in Hamburg erblickte Lorenz eine Möglichkeit, seinen Zielen näher zu kommen.

Während seines Studiums in der Hansestadt bekleidete er zugleich eine Stelle als Erster Kapellmeister in Lüneburg: „Ich konnte abends die 'Traviata' dirigieren und morgens in Hamburg studieren.“ Aktiv Musik zu machen inspiriert seine Arbeit bis heute: „Ich habe das bei meinen organisatorischen Aufgaben immer als Vorteil erlebt und hatte immer das Gefühl, mich auch in der Innenwelt der Musik auszukennen. Man kann mit Musikerkollegen aus dem Orchester oder auch mit Dirigenten anders kommunizieren, wenn man deren Arbeit aus eigener Anschauung kennt.“

Die erste große Herausforderung als Manager folgte dann 1995, als er zum Direktor der Orchesterakademie des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) berufen wurde. Für ihn eine äußerst spannende Zeit: „Die Orchesterakademie ist in gewisser Weise das Herzstück des Festivals.“ In dem Ensemble finden sich jugendliche Musiker zusammen, die in einem aufwendigen Verfahren aus vielen Ländern ausgewählt werden, um einen norddeutschen Sommer lang mit Dirigenten wie Mstislav Rostropowitsch, Esa-Pekka Salonen oder Christoph Eschenbach zusammenzuarbeiten. „Ich durfte jedes Jahr eine Weltreise machen, um junge Musiker anzuhören und auszuwählen.“

Die Weltoffenheit, die in der schleswig-hosteinischen Provinz gelebt wurde, hat Lorenz sehr geprägt. „Es gab beim Festival immer diese Gratwanderung zwischen der Niederschwelligkeit des Angebots und dem hohen musikalischen Anspruch. Da hat das SHMF mit seinem Konzept, in die Fläche zu gehen, Musik auch in Scheunen aufzuführen, Bahnbrechendes geleistet. Ähnliches sollten wir in unseren Jubiläumsveranstaltungen auch hinbekommen. Der Elfenbeinturm ist meine Sache nicht. Es ist eine große Chance, diesen Grat mit Beethoven 2020 wieder neu zu beschreiten – zwischen profilierter Kunst und breiter Sichtbarkeit.“

Von Norddeutschland aus, wo auch seine drei Kinder zur Welt kamen, wechselte er dann in den südwestlichsten Zipfel der Republik, um in Konstanz Intendant der Südwestdeutschen Philharmonie zu werden. Spannend wurde dann auch der nächste berufliche Schritt, der ihn 2008 als Intendant an die Internationale Bachakademie Stuttgart führte. Hier war es seine Aufgabe, gemeinsam mit Akademiegründer Helmuth Rilling die inhaltlich-strukturelle Neuausrichtung der traditionsreichen Institution und des Musikfests Stuttgart zu gestalten. „Auch da hat wie schon in Konstanz mein Handeln geleitet, breite Bevölkerungsschichten anzusprechen, ohne die ernsten, manchmal sperrigen Inhalte der Musik zu verwässern.“

In Bonn stellt sich Christian Lorenz am 22. Januar 2017, 19 Uhr, im „Stiefel“ (Bonngasse) beim 43. Beethoventreff der Bürger für Beethoven vor. Weiterer Gast an diesem Abend ist Bonns künftiger Generalmusikdirektor Dirk Kaftan.

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