Interview mit Ben Redelings "Der alte Charme geht verloren"

BONN · Der Bochumer Autor und Kabarettist Ben Redelings ist einer der wenigen, der seine Leser und Zuhörer über die Absurditäten des Profifußballs zum Lachen bringt. Morgen, 20 Uhr, liest der Fußballkomiker in der Harmonie aus seinem neuen Buch "Herzlichen Glückwunsch, liebe Bundesliga!". Mick Brockett sprach mit Redelings über Gefühle, Leidenschaft und den VfL Bochum.

 Ben Redelings tritt morgen, 20 Uhr, in der Harmonie in Bonn-Endenich auf. Karten (12 Euro) in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen und bei bonnticket.de.

Ben Redelings tritt morgen, 20 Uhr, in der Harmonie in Bonn-Endenich auf. Karten (12 Euro) in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen und bei bonnticket.de.

Foto: Scudetto

Sie sind Vegetarier, haben Niederländisch auf Lehramt studiert - und sind eingefleischter VfL Bochum-Fan. Fühlen Sie sich nicht manchmal ein wenig einsam?
Ben Redelings: Einsam? Nie! Du kannst ein Freak sein, ja, sogar Kunde des FC Bayern, du wirst immer Menschen finden, die gerne mit dir ein Bier trinken und über Fußball palavern. Beim Fußball, auch wenn es sich so klischeemäßig anhört, gibt es keine Unterschiede. Da treffe ich Menschen, die genauso "bekloppt" sind wie ich.

In Ihrer Laufbahn als Fußball-Komiker haben sie viel Sport-Prominenz getroffen. Wer ist Ihr Lieblingsstar?
Redelings: Ich mag die alten Recken wie Uwe Seeler, "Ente" Lippens, Hermann Gerland. Alle im Umgang sehr persönlich und umgänglich und tolle Entertainer. Und irgendwie habe ich ein Faible für die Männer in Schwarz. Über und mit Walter Eschweiler und Wolf-Dieter Ahlenfelder könnte ich ganze Abende erzählen.

Und wen würden Sie gerne noch kennenlernen?
Redelings: Uli Hoeneß. Niemand hat die Bundesliga so geprägt wie er. Nicht immer zum Vorteil aller. Aber in seiner Leidenschaft für das rollende Leder finde ich mich persönlich wieder. Ich verzeihe ihm sogar sein energisches Einschreiten für den FC Bayern. Für meinen VfL Bochum würde ich es auf demselben Posten nicht anders machen.

In ihren Büchern veröffentlichen Sie viele Interna. Woher beziehen Sie Ihre Informationen?
Redelings: Vieles wurde mir von ehemaligen Spielern brühwarm erzählt. Hinzu kommen Storys von Fußballfans, die mir die eine oder andere Anekdote erzählen. Und dann natürlich die vielen Stunden, die ich damit zubringe, alte Zeitschriften zu durchforsten - immer auf der Suche nach der einen, längst vergessenen Geschichte.

Echte Typen wie Lippens, Basler, Möller oder Matthäus, die mit ihren Geschichten und ihrer Offenheit dem Fußball ein Stück Menschlichkeit und Nähe zurückgegeben haben, sind rar geworden. Ist der gemeine Fußballprofi heutzutage "cooler" oder nur rhetorisch geschulter?
Redelings: Beim VfL Bochum war es früher üblich, dass sich die Profis nach einem Heimspiel noch in eine nahe gelegene Kneipe begeben haben. Mit den Frauen, Offiziellen, den Schiedsrichtern, wenn sie wollten - Ahlenfelder wollte immer - und den Fans. Allgemein gilt: Diese Nähe ist im großen Geschäft Bundesliga verloren gegangen. Manchmal würde ich mir wünschen, etwas von dem alten Charme wäre wieder da.

Wie denken Sie über das umstrittene Konzept "Sicheres Stadionerlebnis"?
Redelings: Es ist und bleibt unnötig. Es ist ein Paradebeispiel, wie die Medien ein Thema aufbauschen und dann die Politik Stärke demonstrieren will. Wenn man sich an ein paar Spielregeln hält, ist das Stadion einer der sichersten Orte der Welt. Die "Offiziellen" reden meist über etwas, von dem sie eigentlich keine Ahnung haben.

Haben Sie aus dem Fußball was fürs Leben gelernt?
Redelings: Alles. Der Fußball ist das Spiegelbild der Gesellschaft

Haben Sie schon einmal im Stadion geweint?
Redelings: Beim 6:0 des VfL am 24. Mai 1997 über St. Pauli. Der Sieg bedeutete den erstmaligen Einzug des VfL Bochum in den UEFA-Cup. Ich führte ein Leben in Freiheit und Glück und im Krankenhaus lag meine Oma im Sterben. Ich weiß noch genau, wie Peter Peschel das Tor zum 3:0 schoss und ich mitten in diesem Jubel plötzlich nachdenklich wurde. Ich sagte zu mir, dass ich all das sofort hergeben würde, wenn meine Oma wieder gesund würde. Später saß ich alleine auf den Stufen des Stadions und schaute auf die glücklichen Menschen um mich herum. Ich versuchte zu lachen und musste weinen.

Was darf das Publikum in der Harmonie erwarten?
Redelings: Einen amüsanten Abend voller Erinnerungen an 50 Jahre Bundesliga. Tolle Typen, lustige Geschichten und jede Menge Anekdoten aus dem Nähkästchen der Liga. Ein buntes Potpourri in zweimal 45 Minuten.

Wann wird Bochum Meister?
Redelings: Ganz ehrlich: Das ist so weit weg, das übersteigt mein Vorstellungsvermögen komplett. Wann wir aber DFB-Pokalsieger werden kann ich sehr präzise beantworten: Am 1. Juni 2013!

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