Lanxess Arena in Köln Depeche Mode spielten vor 17.000 Besuchern

KÖLN · Lasst euch in meine Welt entführen", singt Dave Gahan passend zu Beginn des Konzerts. "Lasst die Tranquilizer zu Hause, alle Drama-Queens sind gegangen!" Für das Drama ist nur einer verantwortlich - Dave Gahan.

 Theatralisch: Dave Gahan, Sänger von Depeche Mode, in der Lanxess-Arena.

Theatralisch: Dave Gahan, Sänger von Depeche Mode, in der Lanxess-Arena.

Foto: Brill

Zwei Stunden lang gockelt er mit dem Mikrofonständer über die Bühne, hält ihn wie ein Kreuz über den Kopf oder schlängelt sich wie eine Striptease-Tänzerin an ihm hoch. Schuld, Sühne, Erlösung und Sex verdichten sich im Entertainer Gahan.

Seine Bühnenfigur spielt er bis an den Rand des Klischees. Nach dem ersten Stück wirft er sein Lederjackett zur Seite, entblößt nackte Haut, die nur durch eine Weste verdeckt wird. Kreischen der weiblichen Fans - fast ein Ritual. Gahan bedankt sich auf seine Art - mit wilden Pirouetten. Er spielt mit dem Publikum. Wenn er am Ende des Konzerts die Arme schwenkt, machen es ihm alle mit Begeisterung nach.

Er ist Herr und Opfer des Geschehens. Ist ihm ein Leben ohne den Beifall der Fans vorstellbar? Kaum denkbar. Aber wer wollte ihn dafür verurteilten? "Ich suche nicht nach Vergebung. Bevor du mich beurteilst, versuch in meinen Schuhen zu gehen", singt er in "Walking in My Shoes!".

Der Sound ist perfekt. Das gelingt in der Lanxess-Arena nicht vielen. Das Bühnenbild ist von Starfotograf, Regisseur und Freund der Band Anton Corbijn geschmackssicher zurückhaltend arrangiert. Nach einer halben Stunde haben Depeche Mode soviel Nähe zu den 17.000 Fans geschaffen, wie dies in einer Arena möglich ist.

Es ist der Moment, wo Mastermind Martin Gore mit einem Balladenteil aus der schützenden Seite der Bühne ins Rampenlicht tritt. Sein Vortrag trifft nicht jedermanns Geschmack. Einige nutzen ihn für einen Gang zum Bierstand. Andere liegen sich selig in den Armen. Sie lieben Martins leicht sterbenden Gesang. Und sie lieben ihn, den Schüchternen, den Getriebenen, den Melancholiker, den Außenseiter, der seine Augen mit dicken Kajalstrichen umrandet.

Depeche Mode sind ohne ihn nicht denkbar. Ihm ist es zu verdanken, dass aus den Synthiepoppern des Anfangs eine Elektro-Rockband wurde, die harte, metallische Industrieklänge, Düsternis, Depression und Tanzbarkeit zu vereinigen wusste. Wenn Depeche Mode am Ende des Konzerts einen ihrer größten Hits "Personal Jesus" mit einem Blues beginnen, verbinden sie überzeugend Altes und Neues.

Die ganz großen Momente gibt es am Ende des Sets. Bei "A Question of Time", "Enjoy The Silence" und "Personal Jesus" wird die Arena zu einem Meer aus wehenden Händen. Eine Steigerung scheint kaum möglich. Aber es geht.

Im Zugabenteil greift "Halo" ans Herz, und "Just Can't Get Enough", "I Feel You" und "Never Let Me Down Again" bringen die Halle ein letztes Mal zum Toben. Alle sind zufrieden - wohl auch die, die im Vorfeld der Hallentour das Streichen von drei Titeln aus der Setlist beklagt hatten.

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