Konzert in Köln Delikatesse und Charme: Daniil Trifonov in der Philharmonie

KÖln · Schon der Zwei-Tages-Abstand von Grigory Sokolovs und Daniil Trifonovs Köln-Recitals animiert zum Vergleich. Die Geburtsdaten beider Pianisten (1950 und 1991) liegen um fast zwei Generationen auseinander, in der außergewöhnlichen Wertschätzung durch Publikum und Kritik sind die beiden aber sehr nahe beieinander aufgestellt.

Das Temperament trennt sie dann wieder. Sokolov gibt sich introvertiert und abgeschottet, Trifonov publikumszugewandt. Bei seinem jüngsten Auftritt (nach dem Januar-Konzert mit Chopins zweitem Klavierkonzert) spurtete er zielstrebig aufs Podium und stürzte sich geradezu auf sein Instrument, um Igor Strawinskys Serenade in A zu entflammen.

Auch wenn sich Trifonov meditativer Musik mit aufrechter Haltung hingibt, scheint er unter Strom zu stehen. Bei Strawinskys oft sehr motorischer, furios und sogar etwas aggressiv klingender Serenade konnte er sich so richtig austoben und tat dies auch mit stupender manueller Souveränität. Speziell das finale Rondoletto zeigte, dass perkussive Kraftentfaltung in Verbindung mit heftiger Akzentsetzung eine gewichtige gestalterische Farbe für Daniil Trifonov ausmacht.

Das hatte sogar Auswirkung auf die beiden sogenannten Impressionisten des Abends. Bei Debussys "Reflets dans l'eau" wie auch bei Ravels "Miroirs" erlebte man keinen weichzeichnenden Sfumato-Ausdruck, sondern ein kühl glitzerndes Glasperlenspiel. Bestens getroffen wurden die sehr unterschiedlichen Stimmungen bei Ravel, hier die leichte Schwermut von "Oiseaux tristes", dort die aufschäumende, sich rhythmisch gebärdende Lebenslust von "Albernd del grazioso". Trifonovs Konzentration und Anschlagsvariabilität musste bei einem so reich strukturierten Werk wie Schumanns "Etüde symphoniques" besondere Wirkung entfalten.

Dass er eine Ausdrucksbezeichnung wie "marcatissimo" nachdrücklich aufgriff, war eine Sache Temperaments. Andererseits gelang ihm die an zwölfter Stelle platzierte fünfte "Anhang-Variation" unendlich zart. Auch der den Zugabenteil beschließende Chopin-Walzer besaß Delikatesse und Charme.

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