Das Syndikat meuchelt stilvoll im Schützenhof

180 Freunde schauriger Kriminalgeschichten gruseln sich in Hangelar - Mörderischer Abend zum 75. Geburtstag von Dorothee Steuer

Sankt Augustin. Manni mit der halben Lunge ist in der "Alten Post" Stammgast. Seine Theken-Nachbarn wissen, warum er so gern und oft kommt, und warum er nie Geld hat. Margret, Mannis Frau, hält den Gatten kurz und macht ihm auch sonst das Leben recht schwer. "Irgendwann ist dem armen Tuppes die Sicherung durchgebrannt", liest Ralf Kramp in der Kriminacht im Hangelarer Schützenhaus. "Eines Tages hat Manni ihr den Spaten über den Schädel gezogen." 180 Zuhörer wissen nicht, ob sie sich gruseln sollen oder ob sie herzhaft lachen dürfen.

Etwa über die Seebestattung im Dorfteich, mit der Manni seine Margret zur letzten Ruhe bettet. Passend säumten Grableuchten den Weg ins Schützendomizil. In der Pause werden "Leichenfingersuppe" und andere Grausamkeiten gereicht. Dass der Schützenhof an der Kapellenstraße zum Ort wird, der Leseratten das Gruseln lehrt, ist die Idee von Dorothee Steuer.

Autoren wie Jacques Berndorf und Ralf Kramp - beide haben sich mit Eifel-Krimis einen Namen gemacht - und Gitta List waren ihrem Ruf gefolgt. Die Lust am schaurigen Genre erklärt Sohn Wolfram Steuer: "Sie ist Lektorin für Krimiverlage, und Liebesromane sind ihr zu schmutzig."

Schmutzige Gedanken sind es, die Gaby aus G., irgendwo in der Eifel, zum Schicksal werden. In Jacques Berndorfs Kurzgeschichte trifft sie einen gewissen "Golden Boy" im Internet. Der schickt Sätze wie "Ich will dein Streichelbärchen sein" über die Datenautobahn. Gabys Leidenschaft erwacht.

Das eilig um Mitternacht einberufene Treffen mit dem unbekannten Liebhaber an der Bushaltestelle Daun-Mitte überlebt sie nicht. Erwürgt wird sie als erste "Chatroom-Tote der Eifel" gefunden. Nicht klar wird, ob es das entspannte Timbre in Berndorfs Stimme oder die scheinbare Alltäglichkeit der Meuchelgeschichten ist, die das Publikum fesselt.

Alle Autoren des Abends gehören dem "Syndikat" an - einem Zusammenschluss von Krimiautoren. Die Mitglieder der Organisation waren nicht nur nach Hangelar gekommen, um Geschichten vom Sterben zu lauschen. Ein Lied sollte gesungen werden - pünktlich um Mitternacht zu Dorothee Steuers 75. Geburtstag.

Die Hangelarerin ist Lektorin, Autorin, malt Bilder und ist Sachkundige Bürgerin im Stadtrat. "Es tut mir leid, dass die Kriminacht zu einem Fest für mich geworden ist", sagte die Jubilarin nach dem gesungenen Gruß aus 180 Kehlen.

Hoch Dramatisches sang dann Sopranistin Eike Kutsche und begeisterte damit das Publikum. Sie stimmte die "Suicidia" aus Amilcare Ponchiellis "La Gioconda" an und die "Arie der Pamina" aus Mozarts Zauberflöte. Es folgte die "Wahnsinnsarie" aus "Lucia di Lammermoor" von Gaetano Donizetti.

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