Bad Godesberger Stadthalle Das Musical "Evita" tat sich schwer

BAD GODESBERG · Erst beim Walzer für Evita und Che sprang ein Leidenschafts-Funke über zum Publikum in der am Sonntagabend bei Weitem nicht ausverkauften Stadthalle Bad Godesberg. Walter Ullrichs Landesbühne Rheinland-Pfalz präsentierte hier am Wochenende zwei Mal das bekannte Musical "Evita" von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice.

Ein mutiges Unterfangen angesichts der Möglichkeiten eines kleinen Theaters, das eine solche Herausforderung nur mit künstlerischen Kompromissen bewältigen kann.

Die Neuwieder Laienspielgruppe "Chamäleon" verkörperte tapfer das einfache Volk, das die aus seiner Mitte stammende argentinische Präsidentengattin Eva Perón wie eine Heilige verehrte. Ordentlich klangen die Chorpassagen, anständig vom Band schallte auch die eigens für diese Produktion erstellte Orchester-Einspielung.

In der großen Stadthalle mit ihrer undifferenzierten Akustik verlor sich zwar mancher Ton, und der deutsche Text blieb trotz technischer Verstärkung streckenweise kaum verständlich. Was aber nicht weiter störte. Denn Benjamin Baumanns solide Inszenierung erzählt die Geschichte einfach als brave Nummernrevue. Hübsch reihen sich die berühmten Hits des Erfolgsmusicals aneinander wie die Perlen, die sich das ehrgeizige Mädchen vom Lande irgendwann leisten konnte. Auf Kosten der Armen, für die ihr Herz schlug.

Che Guevara, dem Evita in ihrem kurzen Leben nicht begegnete, wirft ihr streng ihre Doppelmoral vor. Der erfahrene Musical-Darsteller Sascha Krebs spielt und singt überzeugend den Revolutionär, der als Erzähler durch die Szenen führt. Sehr schön zeigt die stimmgewaltige Simone Kerchner die Facetten der schillernden Persönlichkeit Evitas.

Ihr Song "Wein? nicht um mich, Argentinien" rührt zwar kaum zu Tränen, aber die "Wehklage" kurz vor ihrem Krebstod mit 33 Jahren ergreift selbst Che. Die Karriereleiter zum populären Filmstar und zur politischen Hoffnungsträgerin an der Seite des Generals Perón (Holger Hauer) ist steil und dramatisch mühsam.

Ein kühles Geschäft, das die Gemüter in der Stadthalle nicht heftiger anheizte als Gewerkschaftsspruchbänder auf einem Kirchentag. Im Schlosstheater Neuwied, wo die Vorstellungen glänzenden Zuspruch genossen, war man näher dran am gläsernen Sarg der zwielichtigen Kämpferin für Frauenrechte, Menschenwürde und den eigenen Ruhm. In Bad Godesberg blieb Evitas Tragik in zwei Stunden eher auf schmerzfreier, leidlich unterhaltsamer Distanz.

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