Söhne Mannheims in Köln Das Kollektiv ist der Star

Köln · Ganz nah dran: Söhne Mannheims im ausverkauften Kölner E-Werk. Auch ohne ihren prominenten Vorsänger Xavier Naidoo haben sie keine Probleme, die rund 2000 Fans in Hochstimmung zu bringen.

 Die Liebe suchen, finden - oder eben nicht: Söhne Mannheims in Köln.

Die Liebe suchen, finden - oder eben nicht: Söhne Mannheims in Köln.

Foto: Thomas Brill

Zwei Söhne sind verloren gegangen, nicht in Mannheim, sondern bei den Söhnen Mannheims. Sänger Xavier Naidoo und Keyboarder Michael Herberger wollen dem Musikanten-Kollektiv ihrer Heimatstadt für eine Weile den Rücken kehren. Sie möchten eine Auszeit für andere musikalische Herausforderungen.

Die elf verbliebenen Söhne haben indes nicht resigniert, sondern sind derzeit mit ihrer "Ganz nah dran"-Tour unterwegs. Auch ohne ihren prominenten Vorsänger Naidoo haben sie keine Probleme, die rund 2000 Fans im ausverkauften Kölner E-Werk in Hochstimmung zu bringen.

Sänger Henning Wehland hatte man zwar als Kommunikator mit dem Publikum ausgeguckt, doch wollte er offenkundig nicht die Rolle des klassischen Frontmanns übernehmen. Letztlich weiß er zu gut, dass er gegen das Charisma von Ober-Prediger Naidoo keine Chance hat.

Mit "Neustart" wurde das Konzert nicht nur eröffnet, der Titel signalisierte zugleich auch eine programmatische Weichenstellung. Die Gruppe wagte zumindest ansatzweise ein Reset und besann sich auf das, was die Anfangszeit ihrer Karriere maßgeblich ausgemacht hatte, als alles noch mehr Kollektivcharakter hatte.

Gerade diese spezifische Art, gemeinsam etwas zu entwickeln, ist sowohl besonderes Kennzeichen der Söhne Mannheims als auch Ursprung ihrer musikalischen Energie. Themen wie gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und zwischenmenschliche Unzulänglichkeiten und deren Überwindung - in der Regel durch die Liebe - sind weniger auf eine Stimme zugeschnitten, sondern der Tenor einer Gruppe.

Das bestens aufeinander eingestellte Gesangstrio mit Henning Wehland, Michael Klimas und Tino Oac wirft sich die vokalen Bälle zu. Und wenn schließlich, etwa bei "Keep On Moving", auch noch Rap-Intermezzi jamaikanischer Provenienz hinzukommen, klingt die Agitation plötzlich auch noch unglaublich entspannt.

Dabei klingt Oacs weiches Timbre tatsächlich sehr nach Naidoo, ohne ihn direkt kopieren zu wollen. Inhaltlich ist eine Abkehr von Naidoos "Friede-Freude-Eierkuchen-Soul" festzustellen. So heißt es in "Wenn ich die Liebe nicht finde", dass da immer noch Emotionen wie Hass und Wut als Alternative bleiben.

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