Leichtfüßig und feinsinnig ausgeführt Das Herz ist bereit

Bonn · Konzert mit Paper Kite in Alt-Sankt-Nikolaus.

Er war der Joseph Haydn von Rudolstadt. Denn genau wie sein viel berühmterer Kollege fast sein gesamtes Arbeitsleben am Hof des Fürsten Esterhazy verbrachte, wirkte Philipp Heinrich Erlebach 35 Jahre lang am Hof des Grafen Albert Anton von Schwarzburg-Rudolstadt.

Der Tonsetzer ist heute wohl nur Kennern des Barock geläufig. Dem entgegenzuwirken, trat das Ensemble Paper Kite in der Kirche Alt-Sankt-Nikolaus in Kessenich an. In dem stimmungsvollen Kirchlein luden die Sopranistin Marie Heeschen und ihre Mitspieler zur "Gottgeheiligten Sing-Stunde" ein.

Den Titel entnahm das Ensemble der 1704 erschienenen Liedersammlung von Erlebach, deren Texte viel von dem Trauma des Dreißigjährigen Krieges verraten.

Wider Erwarten hörte man aber nichts aus diesem Kompendium, statt dessen Sätze aus einer 1694 veröffentlichten Sammlung von sechs Sonaten Erlebachs. Die gefällige wie geistreiche Musik wird gerne in einem Atemzug mit Jean-Baptiste Lully genannt, ihre beschwingte Eleganz wurde von Antonio de Sarlo und Johanna Huber, Violinen, Guillermo Turin, Violoncello und Felix Schönherr, Orgel, angemessen leichtfüßig und feinsinnig ausgeführt.

Dass das Cello sich mitunter zu stark in den Vordergrund drängte, mag der Akustik des Kirchenraums geschuldet sein. In die Gefühlswelten gegen Ende des Krieges führten Auszüge aus zeitgenössischen Berichten, die von Rafael Roth gelesen wurden. Darin erzählt etwa der Söldner Peter Hagendorf beklemmend nüchtern, wie mehrere seiner Kinder sterben, während er von Feldlager zu Feldlager zieht.

Aus den Aufzeichnungen eines Abts namens Maurus Friesenegger werden die Gräueltaten und Verwüstungen durch die feindlichen Heere in aller Drastik greifbar. Trost und Zuversicht spendete da die Musik, etwa Heinrich Schütz? "Mein Herz ist bereit", das von Marie Heeschen mit wunderbar hingebungsvollem Gesang präsentiert wurde, sowie mit flinken Koloraturen faszinierte sie in Rosenmüllers "In te domine speravi", ebenso empfindsam agierte sie in Werken von Hammerschmidt (aus den "Musicalischen Andachten" von 1642).

Nur von der Orgel begleitet, konnte sich das dynamische Spektrum und die Nuancierungskunst der Sängerin in Hammerschmidts "Vulnerasti cor meum" entfalten. Allein der Beginn von Christoph Bernhards "Aus der Tieffen", in dem ihre Stimme herrlich leuchtend nach oben flog, war das Kommen wert.

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