Das Dom-Duell

Die Aachener punkten mit Alter und Geschichte, die Kölner sind stolz auf sechs Millionen Besucher im Jahr. Wer macht das Rennen im Kampf um den Titel "Promi unter den rheinischen Denkmälern"?

Das Dom-Duell
Foto: dpa

Köln. (dpa) Köln und Aachen, das sind Domstädte unter sich. Die Kölner Ausgabe ist natürlich größer und berühmter, aber dafür lange nicht so alt. Und vielleicht auch nicht so schön? Der Kölner Dom ist der Promi unter den deutschen Denkmälern.

Sechs Millionen Besucher im Jahr und seit Jahren auf Platz eins der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Deutschland. Viel bestaunt, gefilmt, fotografiert und beschrieben: Kaum ein anderes deutsches Denkmal ist in den Medien so präsent wie diese Kirche mit der unverwechselbaren Skyline ihrer Doppeltürme.

Die Aachener sehen das, wundern sich und schweigen. Der Aachener und der Kölner Dom, beide mit der Aufnahme ins Weltkulturerbe von der Unesco geadelt. Allerdings: Die Aachener waren den Kölnern zeitlich zwei Nasenlängen voraus.

Die Pfalzkapelle Karls des Großen war 1978 das erste aufgenommene deutsche Denkmal. Darauf sind die Aachener heute noch stolz.

"Der Kölner Dom ist größer und imposanter. Unser Dom passt da dreimal rein. Dafür ist unser Dom älter", unterstreicht der Aachener Domführer Pierre Lemoine. Pro Jahr kommen 1,5 Millionen Besucher in die Pfalzkapelle von Karl dem Großen.

Alle sind begeistert, versichert Lemoine - "bis auf vielleicht sechs Leute". Kölner natürlich. Der Kölner Dom ist eigentlich viel zu jung, um gotisch zu sein. Ein Großteil des Bauwerks ist erst im 19. Jahrhundert fertig geworden, nachdem er 300 lange Jahre unvollendet war.

Die Baumeister hielten sich an die alten Pläne. Für Historiker strenger Schule ist das trotzdem ein Makel. "Wenn man sich mit Kunsthistorikern unterhält, da gibt es Leute, die sagen: ,Ach, dieser Dom, nee'", sagt der Denkmalschützer Godehard Hoffmann.

Der Experte vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege kann sie gut verstehen, diese Kritiker. Womit er natürlich nicht sagen will, dass der Kölner Dom nicht toll ist. Auch der Aachener Dombaumeister Helmut Maintz versteht die Begeisterung der Kölner, bis zu einem gewissen Grad jedenfalls:

"Wenn man auf der Domplatte steht, denkt man: "Mensch, was ist der imposant." Aber wenn man reingeht -", er macht eine vielsagende Pause, "da geh' ich doch lieber in den Aachener Dom."

Der Aachener Dom hat Charisma: 1 200 Jahre alt, Pfalzkapelle Kaiser Karls, das imposante Oktogon, der Kaiserthron, die Wiege Europas, ein baugeschichtliches Schwergewicht eben.

"Wenn man an die großen Züge der Geschichte denkt, dann ist Aachen natürlich sehr wichtig, weil das die Einleitung dessen ist, was wir heute an Nationalstaaten und christlich basierter Ordnung hier haben", betont auch Godehard Hoffmann.

Okay, Köln ist und bleibt der Promi. "Diese Größe mitten in der Stadt, das ist heute noch für jeden beeindruckend", räumt Hoffmann ein. Dann noch dieser "Geniestreich" der Preußen, den Bahnhof mitten in die Stadt zu legen.

Zugreisende, die über die Hohenzollernbrücke kommen, sehen sofort den Kölner Dom. "Wenn man den nur sieht durch die Glasscheibe, immer noch toll." Was die Kölner allerdings auch nicht müde werden hervorzuheben.

In Aachen dagegen herrscht kühles Understatement vor. Als ein begeisterter Essener kürzlich nach einem Besuch im Aachener Dom ein Poster kaufen wollte, suchte er vergebens.

"Wir bemühen uns immer, zeitgemäße Motive für die Poster zu finden", begründete eine freundliche Dame im Aachener Tourist Service. Dafür ist der Dom dann wohl zu alt.

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