Beethovenfest Das Arctic Philharmonic Orchestra kommt

BONN · Musik verrät oft viel über ihren Schöpfer. Das Stück "Kundraan" des Schweden Christian Lindberg zum Beispiel ist eine ziemlich verrückte Mischung aus musikalischen und theatralischen Elementen, aus Solokonzert und Monodram, aus Kammermusik und, wenn man so will, sinfonischem Punk.

 Inspiration an frischer Seeluft: Dirigent, Komponist und Posaunist Christian Lindberg.

Inspiration an frischer Seeluft: Dirigent, Komponist und Posaunist Christian Lindberg.

Foto: Mats Bäcker

Man konnte Kundraan beim Beethovenfest 2013 erleben. Darin wird die Geschichte eines jungen, grausamen und egoistischen Mannes erzählt, der ein Problem mit Frauen hat: Sie dürfen zwar seinen Körper berühren, nicht aber seine Seele. In dieser Gemengelage spielt auch der gefallene Engel Luzifer eine Rolle.

Damals dirigierte der Komponist nicht nur selbst das Beethoven Orchester, sondern er spielte dazu auch den höllisch virtuosen Posaunenpart und gab zudem einen Einblick in seine extrovertierte Schauspielkunst. Für diesen Part streifte der Musiker sogar ein goldfarbenes Hemd über. Lindberg: "Ich habe 35 Hemden in unterschiedlichen Farben im Schrank liegen. Welches ich anziehe, hängt von der Musik ab."

Jetzt, beim Beethovenfest, steht die Fortsetzung auf dem Programm: "Kundraan and the Arctic Light" heißt das nächste für Posaune und Orchester geschriebene Kapitel der Erzählung, ein Titel, der auch als Hommage an den Auftraggeber gedacht ist. Es spielt nämlich das Norwegian Arctic Philharmonic Orchestra, dessen Chefdirigent Lindberg seit der Gründung des Ensembles 2009 ist. "Kundraan hat mittlerweile einige Erfahrungen gemacht", verrät der Komponist schon mal im Gespräch. "Er versucht, ein guter Mensch zu sein."

Man darf zuversichtlich sein: Statt Luzifer stehen ihm nun fünf gute Engel zur Seite. Wie es aber mit den Frauen weitergeht, wird noch nicht verraten. Die Gründung des Orchesters war eigentlich ein kleines Wunder, wie es in der westlichen Kulturwelt nur noch sehr selten zu beobachten ist.

Im Kulturministerium des Landes war aufgefallen, dass es in Nordnorwegen kein großes Sinfonieorchester gebe, so dass man beschloss, eines auf der Basis bestehender Ensembles zu gründen, die in den 550 Kilometer auseinanderliegenden Städten Bodø und Tromsø ihre Heimat haben. "Es gab damals viele Kritiker des Projektes, die sagten, das es nie im Leben funktionieren würde", erinnert sich Lindberg. "Aber die Premiere dieses Projektes war ein großartiger Erfolg und erhielt eine phänomenale Kritik."

Auch für den Dirigenten Lindberg. "In der Woche darauf fragten sie mich, ob ich Chefdirigent werden wolle." Der Posaunist aus Schweden wollte. Im vergangenen Jahr hat er den Vertrag um vier weitere Jahre verlängert. Seither gastierte er mit seinen Musikern bereits in China oder auch im Sankt Petersburger Marijnski-Theater.

Programmatisch hat sich das Orchester durchaus auf den Norden spezialisiert. Allerdings nicht nur auf Grieg oder Sibelius. In Bonn erklingt zum Beispiel auch die sinfonischen Dichtung "Aasgaardsreien" des norwegischen Wagner-Verehrers Ole Olson (1850-1927), dessen Musik Lindberg überaus schätzt. Nicht in Bonn: eine der Sinfonien Allan Petterssons, die Lindbergs Orchester gern ins Programm nimmt.

Dafür aber Peter Tschaikowskys vierte Sinfonie. Auch dessen Musik spielt im Repertoire der Polarkreismusiker eine zentrale Rolle. "Für mich persönlich sind Tschaikowsky und Mozart die größten Komponisten", sagt er. "Sie haben so etwas Natürliches und Einzigartiges." Tschaikowskys Musik will er allerdings von Interpretations-Patina befreien, die sich in der Tradition vor allem durch die Missachtung der Metronom-Angaben des Komponisten und viel zu vieler Rubati angesetzt habe. Man darf sich auf eine neue Deutung des Werkes gefasst machen.

Donnerstag, 2. Oktober, 20 Uhr, Beethovenhalle, Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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