Engelbert Humperdinck Musikwerkstatt Daniela Goebel hielt Vortrag über den Komponisten

SIEGBURG · Als die Musikwissenschaftlerin Daniela Goebel zum ersten Mal einen der rund 80 Kartons des Nachlasses von Engelbert Humperdinck öffnete, sah sie sich mit einer Fülle an unbekannten Briefen, Klavierauszügen, Regiebüchern und Notizheften konfrontiert.

 Musikwissenschaftlerin Daniela Goebel mit Plakat einer Erstaufführung von Hänsel und Gretel in einem alten Klavierauszug.

Musikwissenschaftlerin Daniela Goebel mit Plakat einer Erstaufführung von Hänsel und Gretel in einem alten Klavierauszug.

Foto: Christine Siefer

Aus dem Keller des Siegburger Rathauses fanden die Unterlagen des Komponisten den Weg ins Archiv der Engelbert Humperdinck Musikwerkstatt, unsortiert und voller Geheimnisse.

Für ihre Dissertation über die Musikreferate des Komponisten wollte die 48-Jährige diese Geheimnisse lüften und die Siegburger Humperdinck-Schätze ordnen. Die Ergebnisse ihrer Recherche stellte die inzwischen promovierte Daniela Goebel bei der Veranstaltungsreihe "Museumsgespräche" vor.

Passend zum Jubiläumsjahr der Stadt rückt der berühmteste Sohn Siegburgs dadurch in ein neues Licht. Bei ihrem Vortrag gab die Musikwissenschaftlerin Einblicke in Humperdincks langjährige Tätigkeit als Musikkritiker und in das Privatleben des Künstlers, der mit seiner Oper "Hänsel und Gretel" über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde.

Im Siegburger Fundus befindet sich unter anderem eine Niederschrift von Richard Strauss, der die Uraufführung der Humperdinck-Oper 1893 in Weimar leitete und zur Aufführung einlud. Ein seltenes Stück Musikgeschichte, das Daniela Goebel auch am Vortragsabend ungern aus der Hand gab.

Für die meisten Exponate hätten die Besucher des Vortrags wahrscheinlich eine Lupe benötigt. Ob Notizen, Originalpartituren oder die Briefe an seinen Sohn Wolfram: Die Schrift ist meist akkurat, platzsparend und sehr klein. "Papier war zu der Zeit teuer, und darüber hinaus war Engelbert Schüler von Wagner, der ebenfalls sehr platzsparend komponierte", erklärte die Expertin.

Humperdinck war auch Assistent bei der Uraufführung von Wagners "Parsifal" in Bayreuth. Neben Wagners Inszenierungen betrachtete und bewertete Humperdinck ab 1890 auch beruflich andere Komponisten. Als Opernkritiker arbeitete er für die Frankfurter Zeitung. Über 580 Musikkritiken schrieb er in seiner Zeit als Musikreferent, so Goebel.

Die Begeisterung für die Regie, die Dramaturgie und die Umsetzung der Musik auf der Bühne übertrug er auf seinen Sohn Wolfram. In den Siegburger Kartons befanden sich über 20 Regiebücher des Sohnes, der neben den Klaviersätzen die Bühnenbilder zeichnete. Umgekehrt hatte Wolfram Humperdinck einen starken Einfluss auf die Werke seines Vaters.

Das sei auch bei der Sichtung der Briefe deutlich geworden, berichtete Daniela Goebel. Als Wolfram im Ersten Weltkrieg im Schützengraben lag, schickte er seinem Vater Ideen zu der Spieloper "Gaudeamus" und als Engelbert nach dem Tod seiner Frau Hedwig den Depressionen verfiel, ermutigte Wolfram ihn, weiter zu komponieren.

Dieser ging dann meist im Wald spazieren, um neue Inspiration zu finden. Immer mit dabei die Notizbücher für Kompositionsideen. Auch diese kleinen Kladden gab Daniela Goebel am Vortragsabend nicht aus der Hand. "Ich brauch nur eine Seite", scherzte Werner Astor, Besucher des Vortrages und Humperdinck-Begeisterter seit der Kindheit.

Der 78-Jährige spielte 1950 als kleiner Junge die Hauptrolle in "Hänsel und Gretel". Damals führte der Kinderchor von Sankt Anno die Oper in Siegburg auf. Seitdem ist er begeisterter Sammler von Humperdinck Schriftstücken und besucht Orte seines Lebens.

Daniela Goebel kam erst durch einen befreundeten Professor auf die Idee, sich in ihrer Dissertation mit Humperdinck zu beschäftigen. Inzwischen hat sie durch ihre Arbeit ebenfalls Feuer gefangen. Die Musikwissenschaftlerin und der Humperdinckfan unterhielten sich auch nach dem Museumsgespräch noch intensiv über Siegburgs großen Sohn.

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