Besuch in Köln Dan Brown stellte seinen neuen Roman "Inferno" vor

KÖLN · "Wenn ich im Kölner Dom einen Geheimgang finde, buche ich meinen Flug um und bleibe eine Woche." Natürlich wird Dan Brown beim ersten Köln-Besuch gefragt, ob die Domstadt Kulisse seines nächsten Romans werden könnte. "Alles ist möglich", sagt der Amerikaner beim Pressegespräch vor der Lesung am Montag, "aber ich verspreche nichts."

 Erst das Buch, dann der Film: Dan Brown ist mit "Inferno" auf Erfolgskurs.

Erst das Buch, dann der Film: Dan Brown ist mit "Inferno" auf Erfolgskurs.

Foto: Schmülgen

Zunächst muss er seinen Thriller "Inferno" vorstellen, in dem Robert Langdon auf Höllenvisionen aus Dantes "Göttlicher Komödie", vor allem aber auf ein Teufelswerk zur Reduzierung der Erdbevölkerung stößt. Letzteres hat der Schweizer Genforscher Zobrist ausgeheckt. "Der ideale Bösewicht, ein Mann, der das Falsche aus den richtigen Gründen tut" und zwischen Held und Schurke schillert.

Brown erklärt, "dass sich die Erdbevölkerung in den letzten 85 Jahren verdreifacht hat. Jeden Tag kommen 200.000 Menschen dazu". Er hält dies für das drängendste Gegenwartsproblem. Die prognostizierte Lage in den Armutszonen gleiche Dantes Szenarien, "und so war es reizvoll, eine Figur zu erfinden, für die Dante nicht Geschichte, sondern Prophezeiung war".

Zu Zobrists "Rezept" rät Brown natürlich nicht: "Wir haben seit dem Feuer jede Errungenschaft zur Waffe gemacht. Gentechnik ist wohl noch mächtiger als Kernspaltung", man müsse sehr vorsichtig sein. Das war Brown nicht immer. Seit er Jesus in "Sakrileg" eine Liebesgeschichte mit Maria Magdalena andichtete, genießt er "sehr begrenzten Zutritt zum Vatikan. Dabei hat Religion doch nur einen Feind: Apathie".

Außerhalb von Rom öffnete ihm der "Da Vinci-Code" (Original- und Filmtitel) etliche Türen. So fand sich der 48-Jährige nach dem Betätigen eines geheimen Türgriffs im Florentiner Palazzo Vecchio plötzlich in einem normalen n Ausstellungssaal wieder - was in "Inferno" prompt Robert Langdon geschieht. Der ermittelt zwar wieder mit einer schönen Begleiterin, tauscht mit Sienna aber nur einen Kuss.

"Das ist eben nicht ,50 Shades of Grey'", schmunzelt Brown. Wenn in 24 Stunden die Welt gerettet werden müsse, sei für Sex keine Zeit. Immerhin, so ganz will er das Ende des Zölibats für Langdon nicht ausschließen. Freimütig gibt der Autor zu: "Ich schreibe sehr kinematographisch, es gibt also keine ernsten Gespräche an langweiligen Orten." Regisseur Ron Howard, der "Inferno" verfilmt, wird's freuen.

Drei Jahre hat Brown an "Inferno" gearbeitet, wobei die Hälfte der Recherche galt. "Für eine Seite im Buch werfe ich zehn raus", erklärt er. Hat ihn der Erfolg verändert? "Beim Schreiben überhaupt nicht, denn meinen Figuren ist es egal, wie viele Bücher ich verkauft habe." Die Privatsphäre sei geschrumpft, "doch meine Frau und ich leben immer noch in den Wäldern". An Statussymbolen sei er nicht interessiert. "Drei Jahre nach dem ,Da Vinci-Code' hatte ich immer noch meinen alten Volvo-Kombi, und meine Freunde staunten: Warum kaufst du dir denn keinen Lamborghini?"

Woher stammt seine Faszination für Himmel und Hölle? "Meine Mutter war Kirchen-Organistin, mein Vater Wissenschaftler." Mit 13 wurde Dan Brown klar, dass der Glaube an Adam und Eva und die Evolution kaum zusammenpassten. "Allerdings habe ich später gelernt: Je tiefer man in die Wissenschaft eindringt, desto ähnlicher wird sie der Religion."

Die schlimmste Sünde in Dantes Höllenkreisen sei Stolz. Dafür, so Brown, schützen ihn Misserfolge als Autor wie aus einer früheren "Karriere". "Ich wollte Musiker werden, hatte sogar einen Vertrag. Aber ich habe nur zwölf Platten verkauft, davon zehn mutmaßlich an meine Mutter." Sein Debüt fiel in die Rap-Zeit, "in der ich wohl der uncoolste aller Musiker war".

Die Leser werden ihm diesen Pleite danken, ebenso die Verleger. Werden letztere im digitalen Zeitalter überflüssig? "Absolut nicht. Sie sind angesichts des Internets als Filter wichtiger denn je, denn 99 Prozent der weltweit produzierten Literatur sind Schrott." Worauf Stefan Lübbe sagte: "Ich liebe diesen Mann!"

Dan Brown: Inferno. Roman, Lübbe Verlag, 685 S., 26 Euro.

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