Curth Flatows Klassiker "Der Mann, der sich nicht traut" im Contra Kreis Theater

Es geht ziemlich turbulent zu in Curth Flatows Boulevard-Klassiker "Der Mann, der sich nicht traut". Im Contra Kreis Theater hat Regisseur Jürgen Wölffer das Stück frisch aufpoliert und entfacht ein flottes Pointengewitter, in dem die frechen Bonmots prasseln wie der sintflutartige Regen.

 Kokett und süß: Viola Wedekind (l.) und Judith Wilhelmy.

Kokett und süß: Viola Wedekind (l.) und Judith Wilhelmy.

Foto: Contra-Kreis-Theater

Bonn. Immer wenn er was zusammengetraut hat, nimmt sich das sein Magen zu Herzen. Wolfgang Jäger ist nämlich ein gewissenhafter Standesbeamter und so beliebt, dass manche regelmäßig wiederkommen.

Sie können das Heiraten einfach nicht lassen, obwohl einmal nun wirklich reicht. Seit seiner Scheidung ist Wolfgang alleinerziehender Vater und hat wirklich alles getan, um seinen Sohn davon zu überzeugen, dass die Ehe ein völlig überflüssiges Relikt der bürgerlichen Gesellschaft ist. Leider vergeblich?

Tickets Karten in den GA-ZweigstellenEs geht also bald ziemlich turbulent zu in Curth Flatows 1973 uraufgeführtem Boulevard-Klassiker "Der Mann, der sich nicht traut". Im Contra Kreis Theater hat Regisseur Jürgen Wölffer das Stück frisch aufpoliert und entfacht ein flottes Pointengewitter, in dem die frechen Bonmots prasseln wie der sintflutartige Regen, der an einem Abend den zerknittertern Wolfgang mit der hübschen Boutiquen-Besitzerin Julia Goertz auf einer feuchtfröhlichen Hochzeitsgesellschaft in Robertinos Lokal landen lässt. Dabei hasst er die italienische Küche.

Außerdem gibt es jeden Dienstag Lamm. Fräulein Lamm, dienstlich seine entzückend pummelige Sekretärin, die liebevoll die Medizin für "Wölfchens" Magen- und Herzbeschwerden bereitstellt und außerdienstlich als "Lämmchen" seinen Hormonhaushalt regelt. Wenn Simone Pfennig sich am Telefon hinter ihrer Brille schäfchensanft als "Lamm" meldet, bleibt kein Auge trocken.

Und wenn Wolfgang ihre Filets vergisst, gibt"s immer noch den kochenden Italiener Robertino, den Francesco Russo ebenso charmant verkörpert wie den Kaugummi kauenden amerikanischen, ziemlich glücklich verheirateten Piloten Teddy, dessen Flugplan immer dienstags eine Landung in Bonn vorsieht.

Film- und Fernsehstar Jacques Breuer als Wolfgang Jäger hat als begnadeter Komödiant sein Publikum schon nach wenigen Minuten im Griff. Er ist ein echter Männerversteher und ein grotesker Trottel mit Midlife-Crisis-Frauenphobie.

Viola Wedekind ist die kokette junge Tante Julia von Wolfgangs möglicher Schwiegertochter Gaby (süß: Judith Wilhelmy, frisch von der Alfterer Alanus-Hochschule) die im dritten Monat ist. Bei Sohnemann Ullrich (als stinkbürgerliches Gewächs von Wolfgangs unbürgerlicher Bemutterung: der junge David Adlhoch) hat"s in der diensttäglich sturmfreien Bude gefunkt, auch wenn sein innig geliebter Papa ein Baby notorisch nicht für einen Ehegrund hält.

Der Eingriff von Mama Sonja (als elegante Zicke: Christine Kästner), die gerade an einem mexikanischen Strand mit Palme im Arm ihre zweite Scheidung in Angriff nimmt, nützt vorläufig nicht viel. Mit vier vorehelich produktiven Partnerschaften steuert die brillante Komödie auf ein neues, Samen sammelndes Matriarchat zu, in dem die Jäger ziemlich alt aussehen. Ein Spaß, der jede Familienministerin in einen solchen Glückstaumel versetzen könnte wie das animierte Premierenpublikum.

Bis zum 23. Januar 2011.

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