"bODY_rEMIX/gOLDBERG_vARIATIONS" Compagnie Marie Chouinard in der Oper

BONN · Marie Chouinard macht es ihrem Publikum nicht leicht. In der Tanzszene sind die Choreographien der Kanadierin für ihre provokative Ästhetik bekannt, und Chouinards Vorzeigestück "bODY_rEMIX/gOLDBERG_vARIATIONS" ist frecher als die meisten anderen "Highlights des Internationalen Tanzes", die in Bonn zu Gast sind.

Neun Tänzer der aus Montréal angereisten kämpfen auf der Opernbühne mit den Möglichkeiten und Beschränkungen des Körpers. Sie hängen an Seilen, kämpfen mit Krücken, Stangen, Kleiderständern und rollenden Gehhilfen; sie trotzen der Schwerkraft mal mit nur einem Spitzenschuh, mal mit Spitzen an Händen und Füßen, auf allen vieren gazellengleich vorübertrippelnd. Nicht immer sind die Prothesen Hindernis und Handicap - bisweilen verlängern sie auch Arme oder Beine und ermöglichen völlig neue, dynamische Körpergesten.

Soli, Duos, Trios und Gruppenszenen verwandeln die Tänzer in tierhafte Hybridwesen oder fremdgesteuerte Maschinenmenschen; sie spielen und leiden, kämpfen und kopulieren auf hohem technischem Niveau. Wo fast jede Gebärde durch technische Hilfsmittel verändert oder verstärkt wird, ist auch die natürliche Erotik des Tanzens nicht mehr gefragt: Fahrgestelle, Stangen und Krücken lassen sich nur mit aggressiver Sexualität überlisten.

Kein Muskelzucken bleibt dabei verborgen, auch weil schmale schwarze Bandagen die Körperlichkeit der Tänzer mehr ent- als verhüllen. Doch selbst wenn diese Tänzer in ihrem Streben nach Freiheit einzelne Momente von außergewöhnlicher Schönheit und schwarzem Humor entstehen lassen - der Grundton des Versehrten-Balletts ist Verzweiflung.

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