Comics von Winsor McCay in Troisdorf

TROISDORF · Eine in dieser Form weltweit erstmalige und einmalige Ausstellung präsentiert das Bilderbuchmuseum Burg Wissem in Troisdorf ab Sonntag.

Comics von Winsor McCay in Troisdorf
Foto: Ingo Eisner

Wer dabei an bunte Bildchen für Kinder, gespickt mit Komik oder Klamauk denkt, liegt komplett daneben: Der Amerikaner McCay war vor mehr als 100 Jahren nicht nur Pionierzeichner der "bildnerischen Werke", sondern befasste sich intensiv mit Politik und Psychologie. Zwischen 1904 und 1934 verfasste der Künstler seine kleinen Geschichten. Gedruckt wurden sie unter anderem in renommierten Tageszeitungen und waren lange Grund für die einzige bunte Seite in amerikanischen Sonntagsblättern.

"McCay ist einer der wichtigsten Zeichner des 20. Jahrhunderts, der das noch junge Medium Comic maßgeblich geprägt hat", sagte Museumsleiterin Maria Linsmann. Seine Figuren setzen sich dabei unter anderem umfangreich mit dem Thema "Traum" auseinander - zu einer Zeit, in der auf der anderen Seite des Ozeans ein Wiener namens Sigmund Freud an dem gleichen Thema arbeitete. Bei McCay erlebt "Little Nemo in Slumberland" Träume wie Albträume und zieht ähnliche Verknüpfungen zur Realität - zum Beispiel die gefühlte Bedrohung durch die wachsende Urbanität - wie Psychologe Freud.

In Deutschland gespanntes Verhältnis zum Comic

"Die beiden kannten weder sich noch ihre Werke", ist sich Alexander Braun sicher. Dem Kunsthistoriker ist es zu verdanken, dass mehr als 100 Originalexponate sowohl im Bilderbuchmuseum als auch in der benachbarten Remise zu sehen sind. Bauer wunderte sich während seines Studiums bereits darüber, dass bei der kunsthistorischen Betrachtung des Surrealismus McCay und sein Schaffen nicht gewürdigt wurde. "Dabei war er eigentlich einer der ersten. Als der Autor und Semiotiker Umberto Eco McCays Zeichnungen einer Betrachtung unter künstlerischen Aspekten wie Objekt, Ausrichtung, Licht, Perspektive unterzog, fühlten sich Kollegen auf den Schlips getreten."

In Deutschland habe man leider ein gespanntes Verhältnis zum Comic. "In den 50er Jahren, als die ersten Comics von den USA hierher kamen, hatte dort bereits der industrialisierte Prozess der Herstellung begonnen. Damals konnten deutsche Kinder fünf Comics gegen ein Buch tauschen. Die Bildergeschichten galten als Schundliteratur", bedauert der Kurator.

Wie weit weg McCays Material davon ist, macht auch seine Beschäftigung mit Politik deutlich. Den Ersten Weltkrieg kommentierte er in einer späteren Schaffensphase gegen viele Widerstände immer wieder auf subtile Art. Auch die ersten Zeichentrickfilme der Filmgeschichte 1911 und 1912 sind McCay zu verdanken. "Gertie, the Dinosaur" tanzte 1914 über eine Leinwand. 1918 schuf McCay "The Sinking of the Lusistania", ein Propagandastück gegen die Deutschen zum Ende des Ersten Weltkriegs.

Besucht werden kann die Ausstellung bis Sonntag, 4. März. Bis 2013 gehen die Zeitungsseiten und Filmchen dann auf Tournee nach Hannover, Erlangen, Basel, Backnang und Dortmund. McCay-Experte Braun hat zur Ausstellung ein fast 400 Seiten starkes, prächtig bebildertes Katalogbuch herausgebracht, das erstmals in deutscher Sprache die unterschiedlichen Aspekte wie Jugendstil, Surrealismus, Film und Traumdeutung des Winsor McCay beleuchtet.

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