Christoph Kuhlmann im Bonner Münster: Gefühl für dramatische Momente

BONN · Es ist ein Klassiker der Moderne: der Orgelzyklus "La Nativité du Seigneur" von Olivier Messiaen. 1935 machte der Titularorganist der Pariser Kirche La Trinité noch Furore mit dem zwischen spätromantischer Hirtenidylle, durch und durch theologischer Konzeption und neuentwickelten Modi changierenden Werk.

Heute gehört es längst zum Standardrepertoire vieler Organisten. Auch von Christoph Kuhlmann, der als Regionalkantor an der Kölner Kirche St. Andreas wirkt und kurzfristig die Vertretung für den krankheitsbedingt verhinderten Münsterkantor Markus Karas übernommen hatte.

Die Kunst bei solchen allseits bekannten Werken ist es, sie stets von neuem erlebbar zu machen und nicht in künstlerischer Routine zu erstarren. Das gelang Kuhlmann vortrefflich. Den Zyklus beherrschte er natürlich, aber darüber hinaus vermochte er mit seinem stets über den Dingen stehenden Spiel die programmatische wie auch theologische Komponente dieser Musik unmittelbar erlebbar zu machen.

Seine Präzision war die eine Seite der Medaille, die unglaublich eindrucksvolle, dramaturgisch fulminante Wiedergabe etwa des Satzes, in dem die Annahme des Leidens durch Jesus in seinem strahlenden Tutti-Akkord gipfelt, die andere.

Kuhlmann ließ "Die Hirten" beschwingt im Wiegenrhythmus tanzen, tauchte "Gottes ewigen Heilsplan" sanft und tröstlich mit den Grundstimmen in mystisches Licht und ließ die beschwerliche Reise der Weisen aus dem Morgenland zwar mühe- aber auch hoffnungsvoll erscheinen.

Alles in allem gelang ihm eine technisch brillante und musikalisch sehr tiefgründige Version von Messiaens wegweisendem Zyklus, bei der auch die reißende Abschlusstoccata nicht zum virtuosen zirzensischen Spektakel verkam, sondern zum Höhepunkt wurde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort