lit. Cologne Charles Aznavour stellt im Kölner Schauspielhaus neues Buch vor

Er kann es noch! Ein bisschen holprig, aber mit klarer deutscher Aussprache sang Charles Aznavour im Duett mit Angela Winkler "Du lässt dich geh'n", womit er in den sechziger Jahren auch hierzulande die Herzen eroberte. Jetzt kam der einzige noch lebende Star des französischen Chansons im Rahmen der lit.Cologne nach Köln.

lit. Cologne: Charles Aznavour stellt im Kölner Schauspielhaus neues Buch vor
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Köln. Er kann es noch! Ein bisschen holprig, aber mit klarer deutscher Aussprache sang Charles Aznavour im Duett mit Angela Winkler "Du lässt dich geh'n", womit er in den sechziger Jahren auch hierzulande die Herzen eroberte.

Jetzt kam der einzige noch lebende Star des französischen Chansons im Rahmen der lit.Cologne nach Köln, um sein jüngstes autobiografisches Buch "Mit leiser Stimme" (Graf Verlag, 224 S., 18 Euro) vorzustellen. Kein Geringerer als Regisseur Volker Schlöndorff fungierte als Moderator und Übersetzer.

Eine Idealbesetzung - schließlich hat er 1979 mit Aznavour und Angela Winkler Günter Grass' Roman "Die Blechtrommel" verfilmt und ist in Paris zur Schule gegangen. Ein illustres Trio also, das sich da auf der Bühne des ausverkauften Kölner Schauspielhauses zusammengefunden hatte, um einen Mann zu feiern, der an die 700 Chansons für sich und andere geschrieben hat und zudem als Musterbeispiel gelungener Integration gelten kann.

"Ich bin kein armenischer Franzose, sondern ein Franzose mit armenischen Wurzeln" - auf diese Differenzierung legt Monsieur Aznavour großen Wert. "Wenn man von einem Land adoptiert werden will, muss man dieses Land zunächst selbst adoptieren", sagte der Star, der am 22. Mai seinen 87. Geburtstag feiert.

Mit beifälligem Lächeln lauschte er den von Angela Winkler vorgetragenen Passagen aus seinem altersweisen Buch, die sich mit der Familiengeschichte der Aznavourians, ihrer Liebe zur Musik und dem starken Zusammenhalt von den schweren Anfangsjahren bis heute befassen.

Ebenso wichtig wie seine weltweiten Erfolge ist dem Künstler, der 1924 als zweites Kind seiner vor dem Genozid geflohenen Eltern in Paris geboren wurde, das materielle und ideelle Engagement für Armenien, das er als Botschafter in der Schweiz und bei der UNO vertritt. "Nie habe ich mich so armenisch gefühlt wie 1988 bei dem schweren Erdbeben", sagte der Sänger, der sich damals auch persönlich in Moskau für die Freilassung von 13 Oppositionellen eingesetzt hat.

Volker Schlöndorff befragte ihn auch zu den Anfangsjahren seiner Karriere, die ihn zusammen mit seinem Partner Pierre Roche schon 1948 nach New York führte. Seine großen Vorbilder waren Charles Trenet und Edith Piaf, mit der er acht Jahre zusammen wohnte - "aber nicht als Paar", wie er betonte.

Über seine zahlreichen Liebesaffären (unter anderem mit Liza Minnelli) mochte Aznavour allerdings ebenso wenig sprechen wie über seine drei Ehen - "das ist zu persönlich". Schmunzelnd räumte er immerhin eine Vorliebe für blonde, blauäugige Frauen ein - genau der Typ, den seine schwedische Ehefrau Ulla (mit ihr ist er seit 1967 verheiratet) perfekt verkörpert.

Wer mehr aus seinem Privatleben erfahren möchte, dem sei auch seine Autobiografie "Le temps des avants" aus dem Jahr 2003 empfohlen (2005 unter dem Titel "Der einzige Zufall in meinem Leben bin ich" auf Deutsch erschienen). Das Schreiben nicht nur von Chansontexten und Erinnerungen, sondern auch von Erzählungen und Gedichten, ist Aznavour immer wichtiger geworden, seitdem er nur noch selten auf Konzerttournee geht.

"Ich bin wahrscheinlich der einzige Sänger, der seine Autobiografie selbst verfasst hat", meinte er in Köln lachend. Dabei gehe er so pedantisch vor wie bei seinen Bühnenproben. "Da muss auch jeder Schritt sitzen. Am liebsten würde ich mir beim Auftritt gleichzeitig aus dem Publikum zusehen."

So ganz mag er auf diese magischen Momente doch noch nicht verzichten: Von Ende März bis Oktober gastiert er in Belgien, Rom und dem Pariser Olympia. Wie gut ihm der Applaus auch im hohen Alter noch schmeckt, spürte man bei den "Standing Ovations" nach eineinviertel Stunden Gespräch und Rezitation, die er dann noch mit dem Signieren seines Buches im Foyer krönte. Ein 1,63 Meter großes Wunder an Charme, Vitalität und Kreativität.

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