Bruno Ganz begeistert Bad Godesberger Publikum

Bruno Ganz las in den Godesberger Kammerspielen aus dem Kultroman "Unendlicher Spaß" von David Foster Wallace. Als einziges Manko eines ansonsten gelungenen Abends ist der fehlende Rahmen zu nennen.

Bruno Ganz begeistert Bad Godesberger Publikum
Foto: dpa

Bonn. Ob es tatsächlich immer ein "Unendlicher Spaß" war, sei einmal dahingestellt. Eine lohnende Aufgabe sei es in jedem Fall gewesen, den gleichnamigen Roman von David Foster Wallace ins Deutsche zu übersetzen. Und das nicht nur für Ulrich Blumenbach, der jetzt als Gast des am 27. Oktober 2010 gegründeten Vereins "Literaturhaus Bonn" beim Bonner Kunstverein von seiner Herkulesaufgabe erzählte. Sondern auch für prominente Leser wie den Schweizer Schauspieler Bruno Ganz, der von dem Stoff und seiner sprachlichen Umsetzung so fasziniert war, dass er beschloss, mit diesem Buch auf Lesetour zu gehen.

Nach Blumenbachs Blick hinter die Kulissen kam Ganz seiner Aufgabe nunmehr in den Godesberger Kammerspielen nach und bescherte den Veranstaltern - zu denen als Kooperationspartner auch das Theater Bonn gehörte - ein ausverkauftes Haus.

Das dürfte in erster Linie dem zugkräftigen Namen des Vorlesers zuzuschreiben sein. Denn Wallace's Roman ist mit rund 1 500 Seiten, einem komplexen Aufbau und Schachtelsätzen, die sich gut und gern über eine halbe Buchseite hinziehen, alles andere als leichte Kost. "Ab Seite 200 will man diesen Kosmos nicht mehr verlassen", brachte es Blumenbach auf den Punkt.

Während Ganz faszinierende erste Einblicke in dieses Universum vermittelte: akzentuiert, exakt und mit der leisen Ironie in der Stimme, die der Vorlage gerecht wird. Denn "Unendlicher Spaß" ist das, was andere womöglich als großes Kino bezeichnen würden: Es geht um Drogensucht und Schmerz, Depressionen und Tod, aber auch um das Lächerliche und Lachhafte des Lebens.

Und es ist durchaus als Bestandsaufnahme der heutigen amerikanischen Gesellschaft zu verstehen, was dem Roman kurz nach seinem Erscheinen 1996 Kultstatus verlieh. Das titelgebende Zitat "Infinite Jest" stammt aus Shakespeares Hamlet. Es meint die Einsamkeit des Einzelnen und seine zum Scheitern verurteilten Versuche, sich ihr durch alle möglichen Zerstreuungen zu entziehen.

So wie im Fall Joelle van Dyne, die bei der Party einer Freundin in deren Badezimmer Crack raucht. Die Passage des Romans beschreibt auf ebenso faszinierende wie degoutante Art und Weise einen geradezu absurden Rausch. Don Gately heißt eine der anderen Hauptfiguren des Romans: ein Drogensüchtiger, dessen Erinnerungen an die eigene Kindheit wenn möglich noch bizarrer ausfallen als seine Albtraumfahrten im Fieberwahn. Gately sei sein Favorit, wie Bruno Ganz mit feinsinnigem Lächeln hinzufügt. Und das darf man ihm durchaus anhören. Die zweite Hälfte der Lesung gebührt dieser Figur, und ganz gleich, ob Sympathie oder Ablehnung - entziehen kann man sich ihr tatsächlich nicht.

Als einziges Manko eines ansonsten gelungenen Abends wäre der fehlende Rahmen zu nennen: So wird der eine oder andere Zuhörer eine kurze Einführung durch die Gastgeber oder auch die Gelegenheit zur anschließenden Diskussion über das Buch vermisst haben. Seine "Mission" hat Bruno Ganz mehr als erfüllt. Ob Wallace danach tatsächlich gelesen wird, entscheidet jeder selbst.

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