Beethoven 2020 Botschafter der europäischen Idee

Bonn · Gesellschaft der Freunde des Beethoven Orchesters plädieren dafür, dass der Bonner Klangkörper bei den Feiern zum 250. Geburtstag des Komponisten die Hauptrolle spielen muss.

Botschafter Beethovens und Bonns: Das Beethoven Orchester auf der Treppe des Alten Rathauses.

Botschafter Beethovens und Bonns: Das Beethoven Orchester auf der Treppe des Alten Rathauses.

Foto: Thilo Beu

Nachdem die „Initiative Kultur in Bonn“ einen Fragenkatalog zum Beethovenjahr 2020 für Oberbürgermeister Ashok Sridharan vorgelegt hat, zieht die Gesellschaft der Freunde des Beethoven Orchesters nach. „Wir möchten diesen Katalog gerne ergänzen“, sagte Manfred Osten, erster Vorsitzender Gesellschaft. Wobei es naheliegend ist, dass die Gesellschaft den Fokus auf das Bonner Orchester richten möchte. Es sei der „eigentliche musikalische Botschafter Beethovens“. Sowohl in Bonn selbst als auch für die überregionale Präsentation Beethovens. Osten: „Das erachten wir als dringlich, weil im Dezember in – der dann gekippten – Beschlussvorlage die Eigenständigkeit des Orchesters gefährdet war.“ Eine Beschlussvorlage, von der sich OB Sridharan inhaltlich distanziert habe.

Für Osten ist die Eigenständigkeit des Orchesters von zentraler Bedeutung für das Beethovenjahr und darüber hinaus. Orchester und der neue Generalmusikdirektor (GMD), der – wie berichtet – Dirk Kaftan heißen soll, müssten die Möglichkeit gegeben werden, „sich vorzubereiten, um sich zu konzentrieren auf diese Botschafterfunktion für 2020“.

Dass die Sparkasse Köln-Bonn mit einer Fünf-Millionen-Euro-Spende im Rahmen der Sanierung der Beethovenhalle den Umbau des Studios in einen konzerttauglichen Multifunktionsraum und Probenraum für das Orchester finanziert, wertet Osten als Glücksfall. Orchester und GMD sollten sich mit einem sinfonischen Profil darstellen können. „Nur so werden sie als Botschafter wahrgenommen“, sagt Osten.

Die Gesellschaft der Freunde hat sich auch schon ein paar sehr konkrete Gedanken im Hinblick auf das Jubiläumsjahr gemacht. Osten weist darauf hin, dass im Jubiläumsjahr 2020 zugleich auch des 75. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs gedacht werde. Für ihn wäre das ein guter Anlass, sich der Oper „Leonore 40/45“ zu besinnen, die der Komponist Rolf Liebermann nach dem Krieg nach einem in deutscher und französischer Sprache gehaltenem Textbuch von Heinrich Strobel komponierte und 1952 in Basel uraufgeführt wurde. Es wäre schön, so Osten, wenn man für eine Wiederaufführung des Werkes eine Kooperation mit einem französischen Opernhause ermöglichen könne.

Eine andere Idee bezieht sich auf die vielen böhmischen Musiker im Bonner Hoforchester der Beethoven-Zeit. Diesen Umstand würde Osten sehr gerne damit verknüpfen, dass Beethovens „Missa solemnis“ zunächst zur Bischofsweihe seines Förderers und Freundes Erzherzog Rudolph in Olmütz uraufgeführt werden sollte, dann aber in Sankt Petersburg zum ersten Mal gegeben wurde. Ostens Vorschlag: Aufführungen in beiden Städten mit dem Tschechischen Philharmonischen Chor aus Brünn, mit dem das Orchester regelmäßig zusammenarbeitet.

Auch an den 50. Jahrestag von Willy Brandts historischem Kniefall von Warschau am 7. Dezember 2020 könnte man mit einem Konzert erinnern. Da könne man für ein Konzert in der polnischen Hauptstadt nach dem Vorbild des Dirigenten Michael Gielen das Melodram „Ein Überlebender aus Warschau“ von Arnold Schönberg mit der 9. Sinfonie Beethovens zusammenführen.

Um die europäische Dimension in Beethovens Werk zu unterstreichen, wäre ein Konzert in Brüssel naheliegend. In Bonn habe Beethoven zum ersten Mal Schillers „Ode an die Freude“ gelesen. Und durch Eulogius Schneider, einem in Bonn wirkenden Gelehrten und eifrigen Befürworter der französischen Revolution, ein politisches Bewusstsein entwickelt. „Die europäische Idee hat hier in Bonn bei Beethoven ihren Ursprung“, sagt Osten. „Das sollten wir nutzen.“

Aber auch die Bonner Aspekte hält er für wesentlich. Zum Beispiel die Aufführung der Kantate auf den Tod von Kaiser Joseph II., der, wie Osten formuliert, „erste große Versuch Beethovens in Dimensionen zu komponieren, die damals noch nicht denkbar waren“, sowie die „Krönungskantate“, die Beethoven zur Erhebung Leopolds II. zur Kaiserwürde komponierte. Beide Werke entstanden in Bonn. Osten: „Von hier aus klingt schon die Idee der neunten Sinfonie, die Idee der Freiheit und Brüderlichkeit an und damit auch der europäische Gedanke.“ Eine schöne Idee der musikalischen Huldigung an ein Europa, das sich derzeit allerdings von Beethovens Utopie der Brüderlichkeit immer weiter zu entfernen scheint.

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