Bonner Pianistin Kessel stellt im Beethoven-Haus neue CD vor

Musikalischer Marathon bis nach Island - Experiment im Trio

Bonner Pianistin Kessel stellt im Beethoven-Haus neue CD vor
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Bonn. Ungewöhnliche Konzertprogramme sind Susanne Kessels Markenzeichen. Im Beethoven-Haus absolviert die Bonner Pianistin am Abend des Bonn-Marathons mit gleich zwei originellen Recitals einen pianistischen Marathon: Zuerst das "Isländische Konzert" mit den Klavierwerken ihrer neuen CD "Iceland", dann "One-Two-Three!" mit dem Schlagzeuger und Sounddesigner Leon Milo sowie Demetrius Spaneas (Saxophon und Klarinette).

Mit 300 000 Einwohnern und geschätzten 30 Tonsetzern hat Island wahrscheinlich die höchste Komponistendichte der Welt. Das erklärt, warum die isländische Klaviermusik der vergangenen 100 Jahre so mannigfaltig ist. Zu Susanne Kessels Lieblingsstücken gehören die virtuosen "Hans-Variationen" von Thorkell Sigurbjoernsson ebenso wie Johann Johannssons Popballade "Ich spreche von Dir" oder die expressive "Ode an die Steine" von Atli Heimir Sveinsson, der im Saal sitzt und selbst beurteilen kann, wie tief sich Kessel in die musikalische Sprache der Insel hineindenkt.

Schwungvoll und brillant interpretiert die charmante Gastgeberin das folkloristische Material des "Vikivaki" von Sveinbjoern Sveinbjoernsson und die zwischen wuchtigen Akkordtürmen und tänzerischen Volksweisen wechselnden Stücke aus Jón Leifs' "Rimnadanslög". Spannend ist auch das Zusammenspiel von "One-Two-Three!" - wenn es zwischen Susanne Kessel, Leon Milo und Demetrius Spaneas Kommunikationsprobleme gibt, sind diese sprachlicher Natur. Auf musikalischer Ebene zaubern sie in Schumanns "Vogel als Prophet" mit pianistischer Anschlagskultur, elektronisch erzeugtem Vogelzwitschern und Sprachfragmenten.

In William Krafts "Soliloquy" bearbeitet Milo sein Vibraphon mit vier Schlegeln, einem Geigenbogen und aufgelegtem Teppich; dazu kommen Bongos, Trommeln und Computer und produzieren ein ungeheuer dichtes Hörerlebnis. Ähnlich wie Michael Denhoffs "Fünf Epigramme" für Klarinette, Klavier und Schlagzeug ist "Soliloquy" trotzdem ein durchdacht transparentes Werk - vor allem im Vergleich mit der erdigen Sinnlichkeit und dem folkloristischen Eklektizismus von Spaneas' Saxophon- und Elektronikhymne "Spoken Origins". Ein Lob gebührt Kessels zwölfjährigem Klavierschüler Attila Geugelin, dessen selbst komponierte "Metamorphose" des Milo-Stückes "Time Texture" gut ausgedacht ist und spannungsreich vorgetragen wird.

"Iceland". Oehms Classics, 12 Euro.

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