Bonner Kunstmuseum baut Dauerausstellung komplett um und präsentiert neue Sammler

Revolution im Mondschein

Bonner Kunstmuseum baut Dauerausstellung komplett um und präsentiert neue Sammler
Foto: Franz Fischer

Bonn. Die Sammlung des Kunstmuseums steht vor der größten Rochade seit der Eröffnung des Neubaus am Museumsplatz. Immer wieder sind einzelne Räume ausgetauscht worden, rückten Künstler aus dem Depot oder einer der zahlreichen Sammlungen nach, mit denen das Haus zusammenarbeitet.

Die größte Zäsur war sicherlich der Auszug der Sammlung Ströher mit Beständen der seit Jahrzehnten an das Kunstmuseum gebundenen Sammlung Grothe (wichtige Werke von Anselm Kiefer, Gerhard Richter oder Rosemarie Trockel) vor zwei Jahren.

Man versuchte, großteils mit Erfolg, die dennoch spürbaren Lücken zu füllen. Aus dem Stückwerk soll aber jetzt ein großer Wurf werden: Intendant Stephan Berg schließt ab Donnerstag die Dauerausstellung, um sie grundlegend umzubauen. Kein Raum wird so bleiben, wie er heute ist. Am Sonntag, 5. Juli, wird er das Ergebnis präsentieren.

Und am Dienstag im Kulturausschuss verkündet Berg die Zusammenarbeit mit drei neuen Sammlern, die sich mit Dauerleihgaben an der Ausstellung beteiligen werden: Adrian Koerfer, Rudolf und Ute Scharpff sowie ein anonym bleiben wollender Bonner mit seiner Sammlung "KiCo".

Das ist mehr als eine Sensation, zählt doch insbesondere Koerfers "Sammlung Mondstudio" zu den international begehrtesten. Seit Mitte der 80er Jahre sammelt der in Frankfurt lebende Schweizer, ehemaliger Prokurist im Suhrkamp-Verlag, Arbeiten von Andy Warhol und Gerhard Richter, Max Cole und Robert Ryman, Tamara Grcic, Herbert Brandl und Alex Katz.

Sein Konzept: Abstrakte Malerei trifft auf gegenständlich gehaltene Kunst. "Eine der interessantesten Sammlungen zeitgenössischer Malerei überhaupt", jubelte "Monopol", "weil sich hier Wohlüberlegtheit mit Leidenschaft paart." Rund 600 Werke umfasst die Sammlung von Koerfer (Jahrgang 1955).

In Bonn gab sie bereits 2004 ihre Visitenkarte ab: Die "Mondstudio"-Ausstellung "Still Mapping the Moon" war mit Arbeiten von Bernard Frize, Katharina Grosse, David Reed oder Robert Rymann eine der besten Malerei-Präsentationen der letzten Jahre.

Weiter zurück geht die Sammlung von Ute und Rudolf Scharpff (Jahrgang 1926). Das Sammlerpaar begann mit Werken der Gruppe "Zero", erwarb Arbeiten der "Nouveaux Réalistes" (Tinguely, Spoerri) und amerikanische Kunst der 80er und 90er Jahre. Dann kamen Werke von Zeitgenossen wie Franz Ackermann, Neo Rauch, Michel Majerus und Daniel Richter hinzu.

"Heißkalt" nannte sich treffend ein Gastspiel in der Stuttgarter Staatsgalerie. Gefragt nach Hauptwerken in der rund 200 Werke umfassenden Sammlung nannte der ehemalige Vorstand des Weinheimer Flugzeugbau-Zulieferers Freudenberg einmal "Pink Bow" von Jeff Koons, "Ausgänge" von Albert Oehlen und die Installation "Wedding Gown" von Robert Gober.

Bonn soll Werkgruppen von Richter und Oehlen bekommen. "Eine thematische Sammlung aufzubauen macht Spaß, das Besitzen ist langweilig - da haben Sie doch nur Lagerkosten", verriet der Sammler im Interview. Die Scharpffs kooperieren derzeit mit den Kunstmuseen in Bonn und Stuttgart, bis 2007 arbeiteten sie auch mit der Hamburger Kunsthalle zusammen. Das Prinzip heißt: "Offenes Depot", Museen haben die Wahl.

Überraschungsgast im Trio der Sammler ist ein Bonner mit seiner Sammlung "KiCo", der ein hohes Entwicklungspotenzial zugeschrieben wird. Die Stärken von "KiCo" liegen, so hört man aus dem Kunstmuseum, in der Farbmalerei eines Jerry Zeniuk oder Robert Zandvliet, eines Adrian Schiess oder einer Katharina Grosse, doch auch auf dem Gebiet der Fotografie - Wolfgang Tillmans - gibt es interessante Schnittstellen zum Bonner Bestand.

Trotz Umbaupause muss der Besucher im Kunstmuseum nicht auf Kunst verzichten: Am Mittwoch wird die vielversprechende Retrospektive von Raimund Kummer eröffnet, Kandinsky läuft noch, und Macke sowie die Rheinischen Expressionisten bleiben vom Sammlungs-Umbau verschont.

Am Dienstag im KulturausschussNeben der Vorstellung der Sammler fürs Kunstmuseum und dem Dank für die Schenkung von Max Ernsts Aquarell "Von der Liebe in den Dingen" durch Wilfried Fitting diskutiert der Kulturausschuss am Dienstag im Stadthaus, 17 Uhr, über folgende Themen:

Bündnis 90/Grüne fragen nach den Feierlichkeiten zum Jubiläum der Beethovenhalle; die FDP interessiert sich für den Bauzustand des Opernhauses, ferner wünscht sie freien Eintritt für Kinder bis zwölf Jahren in die städtischen Museen. Mit Spannung erwartet wird ein Bericht zum Stand der Dinge beim Projekt Beethoven Festspielhaus. Schließlich legt Kulturdezernent Ludwig Krapf ein neues Musikschulkonzept vor.

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