Ausstellung Bonner August Macke Haus präsentiert dFrühwerk des Malers Davringhausen

Bonn · Wie er daherkommt - Trojanischer, junger Priester", konnte sich die Dichterin Else Lasker-Schüler vor Begeisterung gar nicht einkriegen.

 Selbstbewusster Dandy: Selbstporträt von Davringhausen.

Selbstbewusster Dandy: Selbstporträt von Davringhausen.

Foto: Museum

"Zwei Nachtschatten schlaftrunken in seinem Mahagonikopf, seine Lippen küßte ein Gottmädchen hold", dichtet sie emphatisch, um in den folgenden Zeilen zu enden: "Aus jedem Bild, das er malt, blickt allfarbig der Schöpfer." Wer die Dichterin derart zum Schwärmen brachte, war der 25 Jahre jüngere Maler Heinrich Maria Davringhausen, ein extrem gut aussehender Dandy-Typ, der gleichwohl offenbar von einer geradezu aufreizenden Bescheidenheit beseelt war.

Die "Selbstbiografie", die er 1920 in der Münchner Zeitschrift "Der Ararat" veröffentlicht, beginnt mit: "Ich bin in Aachen am 21. Oktober 1894 geboren. Am 13. Juli wurde ich zum Maler bestimmt. Wieso? Das geht Sie nichts an." Die Autobiografie ist gerade einmal elf Zeilen lang, gespickt mit dialogischen Formeln, locker, ein wenig überheblich - und durch und durch souverän. 26 Jahre alt ist Davringhausen, als er schreibt: "Meine Bilder: mit denen können Sie anfangen, was Sie wollen. Freuen Sie sich darüber - es ist ein Gewinn für Sie."

Das Selbstporträt, das Davringhausen sechs oder sieben Jahre vor diesen Zeilen von sich malte, sagt mehr über ihn: Es zeigt einen jungen, dunkelhaarigen, smarten Mann in einer edlen grünen Jacke und mit wachem Blick - wobei der Maler souverän überspielt, dass er nach tragischem Spiel mit der Pistole als Sechsjähriger das linke Augenlicht verloren hat. Farbenfroh und frisch setzt er sich ins Bild, ein Lampion im Vordergrund und eine wilde Tapete oder ein Gobelin im Hintergrund weisen ihn als kühnen, dem Farbexperiment nicht abgeneigten Maler aus.

Davringhausens Selbstporträt steht im Mittelpunkt einer ausgezeichneten Ausstellung im Bonner August Macke Haus, die ihn nicht als Meister der Neuen Sachlichkeit und des Magischen Realismus feiert, als den man ihn kennt, sondern sein eher unbekanntes Frühwerk zum Thema hat. Die Schau streift eine bizarre Biografie, die gleichzeitig auch das Generationenporträt deutscher Künstler gleichen Alters ist: Davringhausen wurde 1894 in Aachen geboren, geriet nach seiner Entscheidung, Maler zu werden, wie viele seiner Kollegen durch die Sonderbundausstellung 1912 in Köln in den Bann der Moderne.

Er ging an die stockkonservative Düsseldorfer Kunstakademie und verließ sie bald wieder (1904 hatte August Macke der Akademie genervt den Rücken gekehrt). Im Schnelltempo macht sich Davringhausen mit den Strömungen der Moderne vertraut, taucht zusammen mit Carlo Mense kurz in die Lebensreformer-Welt des Monte Veritá in Ascona ein, geht nach Berlin, ist dann Mitglied der politisch aktiven Bohème in München. Seit der Machtergreifung der Nazis ist Davringhausen, der die jüdische Bankierstochter Lore Auerbach aus Köln geheiratet hat, auf der Flucht, seine Werke gelten als "Entartete Kunst". Vieles geht verloren und ist heute verschollen. In Frankreich findet Davringhausen eine neue Heimat, 1970 stirbt er in Nizza.

Die Ausstellung setzt zu dem Zeitpunkt ein, als Davringhausen, von der Sonderbundausstellung beflügelt, die Moderne ausprobiert, Munch und Matisse, van Gogh und Cézanne verarbeitet. Exzellente Porträts entstehen, aber auch Natur-Landschaften und rheinische Industrie-Ansichten. Davringhausen gehörte damals zum Kreis der Rheinischen Expressionisten, jedoch noch nicht zu der engeren, legendären Auswahl, die Macke 1913 für die Bonner Kunsthandlung Cohen getroffen hatte. Dafür war er bei der Nachfolge-Ausstellung 1914 in Düsseldorf dabei, die sein Freund Mense organisiert hatte. Bald ändert sich der Stil, steuert auf die Neue Sachlichkeit zu.

Im Macke Haus präsentiert sich ein feuriger, junger Maler, ein mutiger Kolorist und experimentierfreudiger Freigeist - mit einer typisch rheinischen, lyrischen Ader: Das Kriegsbild, das er als 20-Jähriger malt, hat nichts Drastisches an sich, es ist ein sprühendes ästhetisches Abenteuer in Formen des gerade aktuellen Kubismus.

August Macke Haus, Bornheimer Straße 98; bis 2. Juni. Di-Fr 14.30-18, Sa, So 11-17 Uhr, Katalog (Wienand) 20 Euro

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