Ausstellung "Blitzlicht" mit Bernhard Helmich im Kunstmuseum

BONN · Die bildende Kunst habe einst fast sein Leben ruiniert, gestand der neue Bonner Generalintendant Bernhard Helmich am Mittwochabend bei seinem Auftritt in der Reihe "Blitzlicht" des Kunstmuseums Bonn.

 Bernhard Helmich vor einem Bild von Carlo Mense.

Bernhard Helmich vor einem Bild von Carlo Mense.

Foto: Franz Fischer

Beim Eingangstest für die Grundschule sei er nämlich an der Zeichenaufgabe gescheitert und nur mit der Bescheinigung seiner "bildnerischen Gestaltungsschwäche" aufgenommen worden. "Todesmutig" nannte er das zahlreich erschienene Publikum, das einem kunsthistorischen Laien wie ihm in die Ausstellung "Ein expressionistischer Sommer - Bonn 1913" gefolgt sei, deren stilistische Vielfalt ihn völlig überrascht habe.

Für sein "Blitzlicht" ausgewählt hat er Carlo Menses aquarellierte Kreidezeichnung "Straße mit Fahnen", deren Dichte und Dynamik bei dem Theatermacher Assoziationen an den mehr als ein Jahrzehnt später entstandenen Stummfilm "Metropolis" weckte. Nicht ganz zufällig, denn eine neue Bühnenversion steht demnächst in der Halle Beuel auf dem Spielplan.

Helmich nutzte seine Entdeckungen in dem Bild geschickt, um einen Bogen zu schlagen vom Expressionismus zum Futurismus und Schlaglichter zu werfen auf die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in der Kunst. Gedanklich dicht an dem raffinierten Verknüpfungsverfahren, das Florian Illies? Buch "1913 - Der Sommer des Jahrhunderts" auszeichnet. Auch dieses erfährt ja bald eine szenische Realisierung am Bonner Schauspiel.

Ein Blick auf Carlo Menses bewegte Biografie führte zur legendären Aussteigerkommune auf dem "Monte Veritá" bei Ascona, wo der junge Maler unter anderem die ebenfalls 1886 geborene Tänzerin Mary Wigman kennenlernte. Deren ironischer Bericht über die vegetabile Kultur zwischen Trockenfrüchten und Sonnenanbetung gehörte zu den schelmischen Highlights in Helmichs kenntnisreicher Besichtigung des Jahrhundertsommers.

Von Menses zwischen Begeisterung und Bedrohlichkeit schwankendem Großstadtlabyrinth ging es zum direkt übereck gehängten Aquarell "Rheinlandschaft" mit seinem vielfarbig schillernden Himmel über Industriebauten und Dorfhäusern am Fluss. "Eine positive Vision vom technischen Fortschritt und eine brüchige Idylle, die den Zeitgeist vor hundert Jahren faszinierend reflektiert."

Auf Menses große Gemälde verwies Helmich seine animierten Zuhörer nach seiner brillanten Epochen-Ausleuchtung nur noch en passant. Für einen überraschenden Funken sorgte Irene Kleinschmidt-Altpeter, die Ausstellungs-Kuratorin und Moderatorin des kurzweiligen transdisziplinären Abends. Ihre Dissertation wurde nämlich mitbetreut von dem Kunsthistoriker Wolfgang Braunfels, einem Sohn des 1882 geborenen Komponisten Walter Braunfels, dessen Oper "Der Traum ein Leben" ab Ende März 2014 in Bonn auf dem Programm steht.

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