Konzert im Kölner E-Werk Beth Ditto: Wirbelwind im Glitzerkleid

Köln · Temperamentvoll beherrscht die US-Sängerin Beth Ditto die Bühne im Kölner E-Werk. Auch ohne ihre ehemalige Band Gossip bietet sie eine Show in XXL.

 Nach 17 Jahren als Frontfrau von Gossip auf Solopfaden: Beth Ditto im E-Werk.

Nach 17 Jahren als Frontfrau von Gossip auf Solopfaden: Beth Ditto im E-Werk.

Foto: Thomas Brill

"Ist sie…?" Erst nachdem die damit Gemeinte frei nach Erasure „A litte respect“ gefordert und mit einer Regenbogenfahne als Stola über die Bühne gefegt ist, fällt bei einer bis dato Ditto-unerfahrenen Konzertbesucherin im Kölner E-Werk der Groschen. Ja. Ist sie. Und dass Beth Ditto (36) keinesfalls zur abgemagerten Size-Zero-Liga gehört, kann im E-Werk jeder sehen. Packt man dann noch ihre gesellschaftspolitischen Überzeugungen dazu, schon hat man sie dingfest gemacht. Die „fette, feministische Lesbe aus Arkansas“. Die allerdings so selbstbewusst ist, dass sie sich selbst so beschreibt.

1700 Fans würden sie als ganz und gar göttlich beschreiben. Warmherzig, alles andere als abgehoben und gute Laune versprühend. Dazu hat die Frau mit der Bienenkorbfrisur eine Stimme, die so soulig klingt, so bluesig und so ausdrucksstark, dass man sich wohlig den Schauern überlässt, die über die Epidermis kriechen wollen. Oder der Tanzwut, die sich, angesteckt von so viel Energie, sogar auf die Thekenmannschaften überträgt.

Glitzer und Glamour auch ohne Gossip

Temperamentvoll beherrscht Ditto die Bühne. Ein Wirbelwind im Glitzerkleid, mit Strass-Sandaletten und gewaltigen goldenen Kreolen. „Es ist so viel Raum zwischen euch und mir“, bedauert die so glamourös Gewandete, und einmal mehr wundert man sich über den Kontrast zwischen den gesungenen und den gesprochenen Worten. Letztere kommen in hoher Tonlage daher, sehr hell und schnell und überperlend, immer wieder unterbrochen von Kicherkaskaden und f***-Ausrufen, die aber einfach nur niedlich klingen.

Nach 17 Jahren als Frontfrau von Gossip ist Ditto auf Solopfaden unterwegs. Ihr erstes eigenes Album ist Mitte Juni erschienen und trägt den Titel „Fake Sugar“. Was natürlich nicht wieder ohne Witze auf Kosten der Südstaatlerin abging, die auch sonst gerne als „XXL“-Frau mit „massigem Klangkörper“ bezeichnet wird.

Beim Kölner 70-Minuten-Gig mit Begleitband macht schon der Opener „Oh My God“ deutlich, dass die Sängerin und Songschreiberin nichts verlernt hat. Die Stücke von „Fake Sugar“ können allesamt überzeugen. Dass es so ganz ohne die Gossip-Hits nicht geht, ist klar. Und einen bewahrt sich Ditto dann bis fast ganz zum Schluss auf. „Heavy Cross“ vom Album „Music For Men“ erklingt erst im Zugabenteil. Und hört sich noch genau so an wie das, was es ist. Ein Plädoyer dafür, die freie Wahl zu haben. Für das, was man ist, oder werden will.

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