Benefizkonzert mit Anne-Sophie Mutter in Beethovenhalle

Sammeln für Ankauf der Diabelli-Variationen - Musikalisches Zentrum des Abends lag bei Brahms

Benefizkonzert mit Anne-Sophie Mutter in Beethovenhalle
Foto: Horst Müller

Bonn. "Wenn wir jetzt eine zweite Zugabe spielen", wandte sich Anne-Sophie Mutter an ihr Publikum in der Beethovenhalle, "hoffe ich, dass Sie unserem Beispiel folgen, und auch noch einmal etwas zu Ihrer Spende dazugeben." Die Geigerin war schließlich in einer guten Sache nach Bonn gereist: Sie gab ein Benefizkonzert für den geplanten Ankauf von Beethovens Handschrift der Diabelli-Variationen durch das Beethoven-Haus.

Und wenn Anne-Sophie Mutter ruft, kommen alle. Die Beethovenhalle war ausverkauft, selbst auf dem bestuhlten Podium blieb kein Platz frei. Für das Beethoven-Haus ist das erfreulich: Man ist jetzt um weitere 120 000 Euro näher am Besitz des wertvollen Autographs. Sogar der Dirigent Kurt Masur war unter den Zuhörern und überreichte in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins Beethoven-Haus der Künstlerin zum Dank für ihr großes Geschenk ein kleineres.

Das musikalische Zentrum des Abends lag jedoch nicht bei Beethoven, sondern war - inklusive der am Ende insgesamt vier Zugaben - auf Johannes Brahms ausgerichtet. Die Geigerin und ihr ständiger Klavierpartner Lambert Orkis spielten die drei Violinsonaten, deren erste, die sogenannte "Regenlied-Sonate", immerhin einen Bonn-Bezug aufweist: Sie wurde hier 1879 bei einer privaten Soiree aus der Taufe gehoben. Mutter und Orkis begannen jedoch mit der zweiten Sonate in A-Dur op. 100.

Der erste Ton, den sie ihrem Instrument entlockte, kam wie aus dem Nichts und blühte dann zu voller Schönheit auf. Bereits in dieser Sonate konnte man freilich auch die Vertrautheit der beiden Partner hören und spüren. Orkis spielt den anspruchsvollen Klavierpart absolut souverän, ohne sich je in den Vordergrund zu drängen, andererseits lässt Anne-Sophie Mutter, die ja der unumstrittene Star des Duos ist, ihm auch genügend Raum, sich zu entfalten. Zu erleben war dies insbesondere in den zu einem Satz verdichteten Andante tranquillo und Vivace.

Gerade in den beiden früheren, intimeren Sonaten ist dem Geigenspiel Anne-Sophie Mutters oft etwas Überirdisches eigen. Hier spielte sie nicht mit großer virtuoser Geste, sondern mitunter ganz verinnerlicht. Man mag kaum zu atmen wagen, wenn sie am Ende des Adagios der G-Dur-Sonate den Ton ganz zurücknimmt, ihr sonst üppiges Vibrato verstummen lässt und die Dynamik immer weiter zurücknimmt, wobei der Ton bis zum kaum noch wahrnehmbaren Pianissimo ohne eine Spur von Kratzern und Rissen absolut rein bleibt.

Dass dieser Klang das Ergebnis einer physikalischen Reibung zwischen Bogen und Geige ist, erscheint fast nicht denkbar. In der d-Moll-Sonate, die sie nach der Pause spielte, sieht das ein bisschen anders aus. Das deutlich virtuoser konzipierte Werk ist auf größere Wirkung angelehnt, wobei Brahms dies natürlich bewerkstelligt, ohne Konzessionen an den kompositorischen Anspruch zu machen. Hier, im eröffnenden Allegro, zeigte Anne-Sophie Mutter Leidenschaft und Feuer, riss die Saiten sehr viel aggressiver an, so dass ihr tonliches Reinheitsgebot gelegentlich sogar ein wenig außer Kraft gesetzt zu sein schien.

Auch Lambert Orkis ging weitaus mehr aus sich heraus, zeigte, dass er nicht nur ein solider Begleiter ist, sondern auch ein Virtuose. Beeindruckend herausgearbeitet wurde der scharfe Kontrast zwischen dem expressiven Adagio und dem leichtfüßigen Scherzo, dessen Pizzicato-Episode von bezaubernder Wirkung war. Das Finale hat Brahms mit der Satzbezeichnung "Presto agitato" überschrieben, der Anne-Sophie Mutter in jeder Hinsicht gerecht wurde. Das Publikum folgte Kurt Masur, der in der ersten Reihe sich applaudierend vom Sitz erhob. Nach drei temperamentvollen Ungarischen Tänzen (Nr. 1, 7 und 2) war die letzte Zugabe zum Einschlafen schön: "Guten Abend, gute Nacht".

Lesen Sie dazu auch das Interview " Anne-Sophie Mutter: Kosmos im Kleinen"

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