Beethoven Orchester verabschiedet sich in die Ferien

"Stars and Stripes" - Amerika und die singenden Wale

Beethoven Orchester verabschiedet sich in die Ferien
Foto: Horst Müller

Bonn.Es sei ein ganz besonderes Konzert für ihn, bekannte der amerikanische Pianist Tzimon Barto in der Beethovenhalle vor der Zugabe, das mit geradezu zärtlichem Legato vorgetragene zweite Prélude von George Gershwin: "Es ist das erste Konzert, das ich spiele, nachdem ich Irene Dische gefragt habe, meine Frau zu werden."

Mit dieser Verlobungs-Mitteilung verlieh der hünenhafte und hantelgestählte Pianist dem letzten Freitagkonzert des Beethoven Orchesters dieser Spielzeit eine hübsch romantische Note. In der Vergangenheit waren der Musiker und die musikaffine deutsch-amerikanische Schriftstellerin bereits mehrfach gemeinsam aufgetreten, unter anderem zusammen mit Christoph Eschenbach als zweitem Pianisten bei der Vorstellung ihres neuen Romans "Clarissas empfindsame Reise" in Hamburg.

Die erste Überraschung war Barto freilich bereits gelungen, als er nach der Aufführung von George Gershwins Concerto in F mit einem Lyrikband in den Händen auf die Bühne der Beethovenhalle zurückkehrte: Statt der erwarteten Zugabe gab's erst mal ein Gedicht. Aus eigener Feder. Barto nämlich ist nicht nur Pianist, sondern auch ein bemerkenswert fleißiger Schriftsteller, der seit Jahren an dem auf 3367 Gedichten und Prosa-Segmenten angelegten Zyklus "The Stelae" arbeitet.

Der belesene und sprachbegabte Amerikaner, der neben Deutsch noch etliche weitere Fremdsprachen beherrscht, war sozusagen Botschafter des (am Sonntag noch einmal wiederholten) Programms, das Bonns Generalmusikdirektor Stefan Blunier zum Abschluss der Saison unter das Motto "Stars and Stripes" gestellt hatte. Zu hören gab's ausschließlich Musik aus dem Amerika des 20. Jahrhunderts.

Die Vielschichtigkeit und Bandbreite der Musik aus der neuen Welt hatte Blunier in seiner Einführung sehr schön herausgestellt, im Konzert selbst musste man sich natürlich mit wenigen Facetten begnügen. George Gershwins Concerto in F ist da eine besonders feine. In der Verschmelzung der unterschiedlichsten Stile und Genres von Jazz bis Tschaikowsky ist es wiederum uramerikanisch. Barto ist der Mann für beide Seiten des Stücks, für die spätestromantisch schmachtende Geste ebenso wie für die frechen Jazz-Rhythmen.

Hierzulande völlig unbekannt sind der Komponist Alan Hovhaness und seine 69 Sinfonien. Und sein op. 229 Nr. 1 ebenso. Diese sehr spezielle sinfonische Dichtung trägt den Titel "And God Created Great Whales", ein durchaus esoterisch anmutendes Stück aus dem Jahr 1970, das über Tonband eingespielte Walgesänge mit Klangwellen und -wogen umspült, die sich aus sehr unterschiedlichen Instrumentaleffekten speisen.

Mit dieser Seite amerikanischer Musik konfrontiert zu werden, ist zumindest eine spannende Erfahrung. Vertrautes Terrain versprachen hingegen die Kompositionen von Leonard Bernstein: eine mitreißende, vom Beethoven Orchester virtuos gespielte Candide-Ouvertüre als Konzertauftakt und zum Ausklang die Sinfonischen Tänze aus der "West Side Story".

Unter Bluniers Leitung gaben sich die Musiker im Prologue ganz "cool", spielten "Somewhere" mit viel Herz und schossen, angetrieben von der kraftvollen Schlagwerk-Batterie und dem brillanten Blech, im "Mambo" ein rhythmisches Feuerwerk ab. Die Tänze klingen zwar leise aus, der Beifall geriet dennoch ausgesprochen lautstark. Blunier bedankte sich dafür zum großen Vergnügen des Publikums mit einem weiteren Stück aus Amerika: John Philip Sousas "Stars and Stripes Forever".

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