Entgrenzter Gesang Beethoven Orchester feierte Tauftag des Komponisten mit langer Konzertnacht

BONN · Auf den ersten Blick wirkt es, als sei das Programm Ergebnis einer munteren Würfelrunde: Das Konzert des Beethoven Orchesters am Montagabend begann mit einem Stück für Chor und Orchester, es folgte ein Solokonzert, das wiederum von einem Streichquartett abgelöst wurde, bevor dann schließlich nach mehr als drei Stunden eine Sinfonie den Abend beendete.

Soo-Jung Ann spielte in der Beethoven-Nacht das vierte Klavierkonzert. Am Pult: Olari Elts.

Soo-Jung Ann spielte in der Beethoven-Nacht das vierte Klavierkonzert. Am Pult: Olari Elts.

Foto: Felix von Hagen

Doch ganz so willkürlich, wie es den Anschein hat, war die Zusammenstellung nicht. Modell standen die historischen Akademien der Beethovenzeit. In seinen eigenen Akademien tischte Beethoven ordentlich auf, präsentierte was neu und gut war. Die Menschen schreckte auch die ausufernde Länge solcher Konzertabende nicht. Es war halt ein Ereignis. Die von Holger Noltze charmant moderierte lange Beethoven-Nacht, zu der das Bonner Orchester und das Beethoven-Haus gemeinsam aus Anlass des 243. Tauftags des Komponisten eingeladen hatten, begann mit der Vertonung von Goethes "Meeresstille" und "Glückliche Fahrt". Der Philharmonische Chor der Stadt Bonn sang den ersten Teil mit zauberhaften Piano-Effekten und zeigte im Jubel des zweiten Teiles vokale Größe. Thomas Neuhoff hatte bei der Einstudierung offenbar beste Vorarbeit geleistet.

Das Solokonzert brachte eine Wiederbegegnung mit der Gewinnerin der jüngsten Telekom Beethoven Competition Soo-Jung Ann, die sich wie im Finale wieder mit dem vierten Klavierkonzert Beethovens hören ließ. Doch diesmal wirkte das Zusammenspiel von Solistin und Orchester deutlich entspannter. Ann spielte technisch souverän, artikulierte mit großer klanglicher Finesse und ließ sich im langsamen Satz mit viel Einfühlungsvermögen auf den dramatischen Dialog mit dem Orchester ein. Der Dirigent Olari Elts erwies sich auch hier zwar nicht als Erzeuger subtiler Klangereignisse, aber war ihr ein verlässliches Gegenüber. Das Publikum in der fast ausverkauften Beethovenhalle zeigte sich sehr angetan von Anns Spiel und erklatschte sich die erste Bagatelle aus Beethovens op. 126 als Zugabe.

Das zwischen die beiden Pausen montierte und von dem Elias String Quartet aus London gespielte späte Streichquartett in a-Moll op. 132 war ohne Zweifel der musikalische Höhepunkt des Abends. Sara Bitlloch, Donald Grant (Violinen), Martin Saving (Viola) und Marie Bitlloch (Violoncello), die sich derzeit intensiv mit den Streichquartettwerken Beethovens beschäftigen und im Herbst in den Archiven des Beethoven-Hauses recherchierten, gelang mit dem Molto adagio ein unglaublich intensiver, unter die Haut gehender Gesang (auf den viele im Publikum mit einem Zwischenapplaus reagierten). Die Balance der einzelnen Instrumente stimmte in jeder Sekunde, jede melodische Wendung, jeder Harmoniewechsel wurden hier zum Ereignis. Dem entgrenzten Gesang wirkte einzig die matte Akustik der Beethovenhalle ein bisschen entgegen.

Das Finale des Abends geriet heiter: Das Beethoven Orchester trumpfte unter Leitung von Olari Elts mit der vierten Sinfonie auf, die vor allem den Bläsersolisten viel Gelegenheit bot, zu glänzen. Lang anhaltender Applaus.

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