"Across Six Leap Years" Band Tindersticks begegnet auf ihrer Vergangenheit
BONN · Man muss sich Stuart A. Staples als einen glücklichen Mann vorstellen. Dabei ist der Sänger und Songschreiber der englischen Band Tindersticks ein ausgewiesener Melancholiker. Zuletzt sind einige Dinge passiert, die den Spaß an der Musik und die Produktivität der Tindersticks enorm gesteigert haben. Seit 2012 spielt die Band, die vor 20 Jahren ihr erstes Album herausbrachte, live so gut wie nie zuvor: Reifeprüfung bestanden.
Vom Aufstieg in eine ganz eigene Liga zeugte im März vergangenen Jahres ein Konzert im Kölner Gloria. Sänger Staples ging an diesem denkwürdigen Abend an die Grenze und manchmal darüber hinweg: mit explosiven Ausbrüchen und einer Gefühlsintensität, die sonst nur ein ganzer Gospelchor herbeisingen kann.
Die CD "San Sebastian 2012" (City Slang) dokumentierte eine zentrale Station der 2012er Tour. "San Sebastian 2012" war ein hochemotionales Konzeptalbum, eine faszinierende Chronik von Stücken, die im Konzert ein Eigenleben gewannen, sich in ihrer Tiefe und magischen Intensität von den ihrerseits höchst dichten Studioeinspielungen emanzipierten, ohne die Essenz der Originale zu verlieren.
Jetzt ist die Band mit dem gerade erschienenen Album "Across Six Leap Years" noch einen Schritt weitergegangen. Staples & Co. haben zehn Stücke aus der zwanzigjährigen Bandgeschichte im April im legendären Abbey-Road-Studio 2 neu aufgenommen. Sie haben Songs wie "Friday Night" (2002), "She's Gone" (1994) oder "I Know That Loving" (1999) nicht neu erfunden, sondern in einer Form verwirklicht, welche die musikalische Meisterschaft und emotionale Tiefe der Tindersticks 2013 spiegelt. Jede Nuance ist bedeutsam, jeder Ton, jeder instrumentale Akzent.
Die Songs entfalten eine hypnotische Wirkung, der komplexe Klangkosmos von "Over Six Leap Years" verführt zum wiederholten, gebannten Zuhören.
Info: Tindersticks: Over Six Leap Years. City Slang. CD, Vinyl und Download.
