Rüdiger Safranski Autor stellte in Sankt Augustin seine Goethe-Biografie vor

SANKT AUGUSTIN · Warum er noch eine Goethe-Biografie schreiben musste, obwohl es doch schon so viele über den deutschen Dichter gibt, wird Rüdiger Safranski in diesen Tagen oft gefragt. "Es gibt schon viele Goethe-Bücher, aber noch keines von mir", gibt er gerne scherzhaft als Antwort zurück.

Der eigentliche Grund liegt aber ganz woanders. Am Mittwochabend war der Autor und Philosoph "Zu Gast auf dem Sofa" in der Hochschulbibliothek und stellte sein Werk "Goethe - Kunstwerk des Lebens" vor.

"Eine Goethe-Biografie ist meine persönliche Krönung", sagt Safranski, der zuvor bereits Biografien unter anderem von Schiller, Schopenhauer und Nietzsche geschrieben hat. Neben all diesen habe Goethe stets als großer Berg gestanden. "Es war für mich dann auch eine sportliche Herausforderung, diesen Berg zu erklimmen", sagt der 68-Jährige.

Doch seine Goethe-Biografie ist anders als all seine Biografien vorher, anders als die vielen unterschiedlichen Betrachtungen des Dichters selbst. Sie ist persönlich, der Mensch Johann Wolfgang von Goethe steht im Mittelpunkt.

Die persönliche Wertschätzung, die Safranski dem Dichter entgegenbringt, wurde am Mittwoch den rund 280 Zuhörern seiner Lesung in der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg schnell bewusst. Die Hochschulbibliothek war zu klein für diesen Besucheransturm, im Publikum war neben Mitgliedern der Goethe-Gesellschaft auch eine Schulklasse. Das zeigt, dass neben Goethe auch der Autor selbst große Wertschätzung erfährt.

Das beschriebene "Kunstwerk des Lebens" von Goethe gibt wahrlich keine Neuentdeckungen preis, geschildert werden die großen Stationen des Dichters. Doch Safranski betrachtet Goethe durch einen anderen Blickwinkel, bedient sich ausschließlich primärer Quellen und weckt so die Neugier am Menschen Johann Wolfgang von Goethe.

"Ich bin der Frage nachgegangen, wie der Mensch Goethe seine Leidenschaft und seine Begabungen ausbalanciert und in seinem Leben untergebracht hat", erklärt der Autor. Viele Künstler seien in ihrem Leben gescheitert. "Es ist interessant, dass Goethe es geschafft hat." Er sei ein Künstler, der mit seinem Kopf weit über seine Zeit hinausgereicht habe.

Er beschreibt auch Goethes Studienzeit in Leipzig, bewertet diese als Geburt des Schriftstellers Goethe und nennt die Eifersucht als Ursache für diese Entwicklung. "Wir können uns fast bei der Eifersucht bedanken, die diesen großen Künstler hervorgebracht hat", sagt Safranski.

Seine Hochachtung vor dem großen Künstler wird ganz am Ende der Biografie deutlich, in der Schlussbetrachtung. Es sind die letzten Sätze, die den Leser Safranskis Verehrung spüren lassen. "Goethe hat seine Freiheit schöpferisch gebraucht. Er ist ein Beispiel dafür, wie weit man damit kommen kann, wenn man es als Lebensaufgabe annimmt, zu werden, der man ist."

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