Aussicht von den höchsten Höhen

Das Beaux Arts Trio beendet seinen Klaviertrio-Zyklus beim Bonner Beethovenfest

Bad Godesberg. Vor der Zugabe trat der Pianist Menahem Pressler vor die Zuhörer im Beethovensaal der Godesberger Redoute und bekannte sich zur verwandelnden Kraft der Musik. Wer sämtliche Klaviertrios von Beethoven spiele, erreiche "höchste Höhen", von denen er als "neuer Mensch" wieder herabsteige, formulierte der Künstler, der das Beaux Arts Trio gründete und mit ihm seit 50 Jahren Maßstäbe setzt.

Eine dieser Höhen bildet zweifellos das "Erzherzog-Trio", mit dem Menahem Pressler, Klavier, Daniel Hope, Violine, und Antonio Meneses, Violoncello, das Konzert und damit die zyklische Darbietung aller Beethovenschen Klaviertrios im Rahmen des Beethovenfestes beendeten.

Vor allem im ersten Satz nahmen sich die Ausführenden ungewöhnlich viel Zeit, die Aussicht zu genießen, um noch einmal im Bild zu bleiben. Selten hört man dieses Allegro moderato so gelassen und ruhig dahinfließen. Dadurch konnte sich der lyrische Zauber, die "dargestellte Zeit", wie es Adorno nannte, aufs Schönste entfalten.

Menahem Pressler entlockte dem üppigen Klavierpart eine reiche Farbpalette, das Spiel des Trios bestach durch lebendige und atmende Phrasierungen. Dass dem Geiger mal ein Ton verrutschte oder das typische Leggiero-Spiel von Pressler gelegentlich ein paar Lücken aufwies, fiel demgegenüber kaum ins Gewicht. Fabelhaft eindringlich gelangen den Musikern die atmosphärischen Wechsel des Scherzos.

Dem aufgeräumten, tänzerischen Treiben zu Beginn kontrastierte eine kanonisch geführte chromatische Figur im Trio, die im Spiel des Beaux Arts Trios eine faszinierend geheimnisvolle Färbung erhielt. Dass Menahem Pressler über einen betörenden, nuancierten und sprechenden Anschlag verfügt, demonstrierte er mit dem Beginn des Andante cantabile, aus dem man auch eine altersweise Gelassenheit zu hören glaubte.

Am Beginn des Konzerts warf das Beaux Arts Trio zunächst den Blick zurück an den Anfang des Beethovenschen Trio-Schaffens. Auch den Kopfsatz des Klaviertrios op.1 Nr.3 in c-Moll nahmen die Musiker nicht in überhetztem Tempo, man hörte keinen wütenden Beethoven. Dabei hängen die Musiker durchaus nicht einem Ideal des reinen Schönklangs an.

In der Moll-Variation des zweiten Satzes etwa fiel durch vibratoloses Spiel der Streicher ein kühles, fahles Licht auf die Szenerie (was ganz ähnlich auch im Andante der Erzherzog-Trios zu hören war), und in einer anderen Variation ließ Pressler das agile Laufwerk im tiefen Register gehörig rumpeln und setzte scharfe Akzente hinzu.

Bewundernswert, wie es gelang, in diesen Variationen bereits den späten, weltentrückten Beethoven aufscheinen zu lassen, der mit den gleichfalls überaus erhellend gespielten Variationen op.121 a im Programm vertreten war. Als Zugabe schließlich das Adagio aus op. 11, "eines der schönsten", wie Pressler meinte. Erst recht, wenn man es so spielt wie das Beaux Arts Trio.

Das nächste Kammerkonzert im Rahmen des Beethovenfests: Herbert Schuch (Klavier) spielt am Sonntag, 2. Oktober, um 11 Uhr im Leoninum Werke von Schubert, Beethoven und Ravel.

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